Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan erteilt Forderungen nach vollständiger Gleichberechtigung von Mann und Frau eine Absage. Foto: EPA

Die Äußerungen des türkischen Präsidenten zur Gleichberechtigung von Mann und Frau wären eigentlich ein gefundenes Fressen für die Opposition. Es gibt jedoch niemanden, der die Unzufriedenheit in politische Erfolge ummünzen könnte. Deshalb kann Erdogan weiterhin ungestraft über in seinen Augen „unnatürliche Gleichberechtigung“ schwadronieren.

Istanbul - Was der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan am Montag über die Gleichstellung der Frau zu sagen hatte, empört viele in seinem Land.

Eine völlige Gleichberechtigung der Geschlechter sei gegen die Natur, hat Erdogan unter anderem verkündet. Dabei ist das Bedenkliche an Erdogans frauenpolitischen Äußerungen nicht, dass er sich auf religiöse Werte bezieht – das tun konservative Politiker überall auf der Welt. Besorgniserregend ist, dass Erdogan auf der Basis seiner eigenen religiösen Werte soziale Errungenschaften wie die Gleichberechtigung von Mann und Frau in Frage stellt.

Wenn der Präsident höchstpersönlich verkündet, Frauen sollten vor allem ihre Mutterrolle spielen, dann torpediert er die Bemühungen um eine Stärkung von Frauenrechten in seinem Land. Noch immer liegt die Frauenerwerbsquote in der Türkei unter 30 Prozent – also deutlich unter der in der Europäischen Union.

Es gibt in der Türkei viele, die Erdogan heftig widersprechen. Seine Äußerungen wären deshalb eigentlich ein gefundenes Fressen für die Opposition. Es gibt jedoch niemanden, der die Unzufriedenheit kanalisieren und in politische Erfolge ummünzen könnte. Deshalb dürfte die Kritik an der „unnatürlichen“ Gleichberechtigung nicht die letzte Äußerung Erdogans dieser Art gewesen sein.