Fall unterscheidet sich fundamental von echten Skandalen, sagt Christoph Reisinger.

Stuttgart/Berlin - Schwer vorstellbar, dass der Bundespräsident mit dieser Erklärung seine Not lindert. Hebt sie doch seinen schwersten und – soweit bis jetzt erkennbar – einzigen Fehler in der sogenannten Affäre um seinen Häuslebauer-Kredit nicht auf: dass er sich durch eine unfassbar dilettantische Öffentlichkeitsarbeit zum Getriebenen hat machen lassen. Anstatt an dem Tag, an dem sie hochkam, die ganze Geschichte dem deutschen Fernsehpublikum aus seiner Warte zu erzählen. Mit allen Details, zu denen Wulff später dann doch Stellung genommen hat. Vom virtuellen Pranger aus im Schatten von Verdächtigung und Häme.

Ebenso ungelindert – auch das gehört zum Stand der Dinge nach Wulffs zweitem Selbsterklärungsversuch – bleiben die Nöte jener, die seit Wochen mit multimedialen Platzpatrönchen auf den Präsidenten feuern. Die teils bieder, teils bösartig – immer aber willig – über das Stöckchen gesprungen sind, das ihnen Europas größte Boulevardzeitung hingehalten hat. Mit ihrem Geraune von einem angeblichen Skandal um Günstlingswirtschaft und Bereicherung im Amt.

Es ist ja – um nur ein Beispiel aufzugreifen – eine unterhaltsame These, dass der Präsident seinen Privatkredit zu fürstlichen Bedingungen als Dank dafür bekam, dass er einst als Niedersachsens Regierungschef bestimmte Firmeninteressen gewahrt hat. Nur, jetzt wär’s halt höchste Zeit, dass Deutschlands größtes Nachrichtenmagazin, das diese These in die Welt gesetzt hat, endlich die harte Nachricht dazu liefert. Sonst war’s bloß üble Nachrede.

Das durchschauen die meisten Bürger mit erfrischender Klarheit. Die, gemessen an der Intensität der Wulff-muss-weg-Kampagne, für den Präsidenten erstaunlich guten Umfrageergebnisse spiegeln dies wider: Er hat einen Fehler gemacht; aber sein Fall unterscheidet sich fundamental von echten Skandalen, wie sie ein Gerhard Glogowski oder ein Karl-Theodor zu Guttenberg ausgelöst haben.