Angesichts der Krisen auf der Welt entscheiden sich immer mehr Menschen, Flüchtlingen ehrenamtlich zu helfen. Aus dem Engagement entsteht für die Politik auch eine Verantwortung. Und woher kommt die große Empathie der Helfer?

Stuttgart - Von der Mobilmachung des Mitgefühls schreiben einige Zeitungen dieser Tage. Und tatsächlich scheinen viele Menschen angesichts der Krisen auf der Welt eine Empathie zu entwickeln, die sie zur Tat schreiten lässt: Sie helfen ehrenamtlich in Flüchtlingsheimen, machen mit den Kindern Hausaufgaben, organisieren Ausflüge oder Fußballturniere.

Woher kommt diese Solidarität, die der Zivilgesellschaft in den Neunziger Jahren so sehr gefehlt hat? Damals brannten Flüchtlingsheime in anderen Teilen der Republik. Heute, so heißt es seitens der Stadt, melden sich in einigen Bezirken die freiwilligen Helfer noch bevor die Bauherren die Flüchtlingsunterkunft hochgezogen haben. Beschreibt eine so schmeichelhafte Feststellung die Realität?

Wer sich in Kreisen der hauptamtlichen Helfer umerhört, dem schlägt erwartungsgemäß viel Lob für das vornehme Ehrenamt entgegen. Und der hört, dass es im Vergleich zu den Neunziger Jahren ganz andere Bevölkerungsmilieus sind, die sich für Flüchtlinge engagieren. Damals rekrutierten sich die Helfer vor allem aus der Friedensbewegung. Heute ist es vor allem das Bürgertum, das sich für die Vertriebenen einsetzt.

Die Erklärung lautet zumeist: Der Krieg, das Elend und die Verzweiflung sei den Menschen sehr viel näher, als noch zu Zeiten des Balkankonflikts. Und eine Flut von grausigen Bilder ist ja tatsächlich in unsere Wohnzimmer gelangt. Soziale Netzwerke wie Twitter oder Facebook lösen jede Grenze auf. Wer sich den Aufnahmen entziehen will, der darf weder den Computer hochfahren, noch den Fernseher anschalten oder die Zeitung aufschlagen.

Es sind natürlich nicht nur diese Bilder, die das Engagement wachsen lassen. Einen großen Anreiz dürften sie allerdings schon liefern. Für die Flüchtlingsverbände wie auch die Stadt darf die Motivation der Freiwilligen natürlich kein Grund sein, sich auszuruhen. Aus dem Engagement entsteht eine Verantwortung: Sie müssen möglichst gute Bedingungen schaffen, um diese Welle der Solidarität zu kanalisieren. In Stuttgart wird – auch in dieser Hinsicht – an vielen Orten gebuddelt und gebohrt. Ein Konzept dahinter lässt sich bisher aber nur schwer erkennen.

Ein Schritt dorthin ist die geplante Koordinierungsstelle für Ehrenamtliche, die bei rechtlichen Fragen hilft und Schulungen gibt, wie die Freiwilligen am besten mit traumatisierten Kriegsopfern umgehen. Das ist kein Ersatz für professionelle Hilfe, so etwas zu glauben wäre naiv. Aber es ist eine wunderbare Unterstützung für die Profis. Zu der, so oft das auch gepredigt wird, jeder seinen eigenen Beitrag leisten kann. Und das ist doch endlich mal eine gute Nachricht.