Künftig Seit’ an Seit’: Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne, links) und CDU-Landeschef Thomas Strobl. Foto: dpa

Die Prognose ist nicht gewagt: Grüne und CDU werden an diesem Wochenende den Koalitionsvertrag absegnen. Dabei haben sie es versäumt, darin ein Bekenntnis zum Verzicht aufs Schuldenmachen zu geben, kommentiert Arnold Rieger.

Stuttgart - Jetzt gilt’s: Grüne und CDU werden an diesem Wochenende darüber entscheiden, ob sie in Baden-Württemberg eine Regierungskoalition eingehen. Auf getrennten Parteitagen müssen sie beurteilen, ob das, was ihre Unterhändler in den vergangenen vier Wochen ausgehandelt haben, tragfähig ist für fünf gemeinsame Jahre. Ob es gut ist für’s Land, aber auch für die eigene Partei: Denn die Konkurrenz der beiden ungleichen Partner wird in einem Bündnis ja nicht aufgehoben, sondern nur auf eine höflich-verbindlichere Ebene gehoben.

Es werden keine Jubelparteitage. Aber natürlich, das darf man vorhersagen, werden die Daumen nach oben zeigen. Alles Andere käme einem Misstrauensvotum für die beiden Chefunterhändler Winfried Kretschmann und Thomas Strobl gleich – mit unvorhersehbaren Konsequenzen. Damit am Ende nicht persönliche oder landsmannschaftliche Empfindlichkeiten die Harmonie stören, halten beide mit ihren Personalentscheidungen noch hinterm Berg: Wer Minister wird und wer nicht, wird man erst nach den Veranstaltungen erfahren.

Stärken ausspielen

Unter Parteigesichtspunkten gesehen, können beide Seiten mit dem Koalitionsvertrag zufrieden sein. Er bietet sowohl Grünen wie CDU eine Bühne, um ihre jeweiligen Stärken auszuspielen. Ob das 134-Seiten-Werk auch für das Land gut ist, muss sich allerdings erst noch zeigen. Denn Papier ist geduldig. Zu einer der wichtigsten Fragen lassen sich die künftigen Partner ohnehin nur äußerst vage aus: Wie sie in den nächsten fünf Jahren mit Schulden umgehen wollen. Natürlich versichern sie, ab 2020 keine neuen Kredite mehr aufzunehmen. Aber das ist eine Selbstverständlichkeit, denn das Grundgesetz verbietet ihnen das ohnehin.

Bund, Länder und Gemeinden können in den nächsten vier Jahren mit 42 Milliarden Euro Steuereinnahmen zusätzlich rechnen. Auf Baden-Württemberg wird davon ein großer Batzen entfallen. Es wäre ein starkes politisches Signal, die Schulden-Enthaltsamkeit auch für den Weg dahin zu versprechen: mit der Zusicherung, von nun an strikt die Netto-Null zu verfolgen. Wann, wenn nicht jetzt?