Diskussion um den Hauptbahnhof Foto: Kern

Stuttgart-21-Architekt kritisiert Kollegen als „unredlich“ - zu Recht, sagt Jörg Hamann.

Stuttgart - Christoph Ingenhoven hat sich einmal mehr als bester Botschafter für Stuttgart 21 erwiesen. Der Architekt des futuristischen Tiefbahnhofs hat nicht nur Kritik aufgenommen und sieht jetzt eine bessere Akustik und breitere Wege vor. Das ist im Sinne der künftigen Fahrgäste. Er hat auch die Lichtaugen und die Glaskuppeln an den Hauptzugängen verkleinert. Das ist im Sinne derer, die vom Bonatzbau auch künftig möglichst viel sehen wollen.

Dieser bleibt in seinen wesentlichen Bestandteilen ohnehin erhalten. Die Seitenflügel aber müssen gestutzt werden. Ingenhoven hat überzeugend ausgeführt, warum: Die Fundamente der massigen Baukörper reichen so tief ins Erdreich, dass man viel zu tief buddeln müsste, um darunter Züge fahren zu lassen, ohne dem S-Bahn-Tunnel in die Quere zu kommen. Zudem wäre ein Lichtaugenbahnhof in Kombination mit den Seitenflügeln gewiss kein Gewinn fürs Stadtbild.

Das sahen 1997 auch Ingenhovens Kollegen in der 30-köpfigen Jury so. Vor 190 Konkurrenten setzte jener sich mit seiner später preisgekrönten Arbeit durch. Einstimmig. In der engeren Wahl war kein Konkurrent, der dem neuen Bahnhof alte Flügel verleihen wollte. Dass nun Kollegen, die einst in der Jury saßen, heute den Erhalt der Flügel fordern, nennt Ingenhoven "unredlich". Das ist noch freundlich formuliert. Wider besseres Wissen die Atmosphäre im Talkessel weiter aufzuheizen ist verantwortungslos.