Blick auf eine durch Holzbauweise erstellte zukünftige Flüchtlingsunterkunft in Korntal-Münchingen (Baden-Württemberg). Foto: dpa

Ausgerechnet im tief gläubigen Korntal gibt es einen Bürgerentscheid über eine Flüchtlingsunterkunft. Das ist ein Armutszeugnis, meint Redakteurin Franziska Meißner.

Korntal-Münchingen - In Korntal-Münchingen wird es im Herbst einen Bürgerentscheid über eine geplante Flüchtlingsunterkunft am Korntaler Friedhof geben. 1135 Menschen haben sich gegen den Bau ausgesprochen, mutmaßlich, weil sie das Vorhaben ebenso wie die Initiatoren rund um den Friedhof-Anwohner Sven Koch „pietätlos“ finden. Koch hat stets betont, er habe nichts gegen Flüchtlinge. Das erinnert an ein vielerorts vorgebrachtes Muster – Flüchtlinge ja, aber bitte nicht vor meiner Haustür.

Der Gemeinderat hat den Entscheid nun auf den Weg gebracht. Es war ein streng formelles, in keiner Weise inhaltliches Votum – eine solche Entscheidung hatte der Gemeinderat, trotz Bedenken, aber mit deutlicher Mehrheit, schon gefällt. Ausgerechnet das zutiefst pietistisch geprägte Korntal zählt nun zu den wenigen Beispielen im Land, in dem es ein solches Votum der Bürger über eine Flüchtlingsunterkunft gibt. Für einen Ort, der sich für seine christlichen Werte rühmt – und dazu zählt ganz gewiss die Nächstenliebe, ganz gleich, welcher Herkunft, welchen Glaubens oder welcher Hautfarbe dieser Nächste ist – ist dies ein Armutszeugnis. Am 16. Oktober haben die Korntal-Münchinger nun die Gelegenheit, zu zeigen, wie tolerant und weltoffen sie tatsächlich sind.