Telefonmodell aus dem vergangenen Jahrtausend Foto: Zweygarth

Russische Cyberkrieger hätten die Wahl gar nicht manipulieren können – die Technik wäre zu alt für sie gewesen.

Ludwigsburg - Zum Ausgang der Bundestagswahl ist im Grunde schon alles gesagt. Viele sind schockiert über das gute Abschneiden der AfD. Sehr viel schlimmer hätte es auch nicht kommen können, hätten russische Cyberangreifer die Wahl manipuliert, könnte man denken. Vielleicht wäre das Ergebnis dann sogar übersichtlicher gewesen?

Alles reine Spekulation! Denn in Wahrheit konnte der Russe die Wahl gar nicht hacken. Deutschland hat ein altbewährtes Abwehrsystem genutzt, mit dem die russischen Techno-Krieger der Zukunft nichts anfangen können: das Telefon. Es ist kein Witz: Viele Kommunen landauf, landab haben ihre Abstimmungsergebnisse ganz traditionell per Telefon weitergegeben. So konnte es zwar der amerikanische Spitzeldienst NSA abhören, aber kein Hacker manipulieren.

Eberdingen war Schlusslicht

Im Kreis Ludwigsburg beispielsweise saß eine Handvoll Telefonisten im Landratsamt und wartete auf Anrufe aus Asperg, Sachsenheim und Co. Die Zahlen wurden dann in Tabellen getippt und an die Journalisten zwei Stockwerke darunter weiter geschickt – per Faxgerät. Natürlich dauerte das alles ein bisschen länger, so dass die Journalisten ganz schön unter Zeitdruck gerieten. Manche Ergebnisse kamen gar so spät, dass sie es fast nicht mehr in die ohnehin schon später angedruckte Montagsausgabe geschafft hätten. Traditionellerweise dauern die Auszählungen in großen Kommunen länger, weswegen Ludwigsburg, Kornwestheim, Bietigheim-Bissingen und Co. erst kurz vor Andruck kamen. Schlusslicht bildete die knapp 6500 Einwohner zählende Gemeinde Eberdingen. Ein erfahrener Mitarbeiter des Landratsamtes kommentierte gegenüber nervösen Journalisten nur trocken: „Die sind immer als letztes fertig.“ Aber Hauptsache, die Daten müssen nicht durchs Neuland Internet gejagt werden. Ein paranoider Aluhut hätte es sich nicht besser ausdenken können.

Wo wir schon bei Verschwörungstheorien sind: Dafür, dass von Rechtsaußen immer mal wieder zu hören war, dass die Wahlen eine abgekarterte Veranstaltung der Siegermächte des Zweiten Weltkriegs seien, ist die AfD nach der Wahl ungewöhnlich ruhig (zumindest in dieser Hinsicht). Offenbar ist man ganz zufrieden mit dem alliierten Zahlensalat.

Eine bunte „Siegertorte“ bei der AfD

Auch in Ludwigsburg zeigten die Rechtspopulisten sich generös: Ursprünglich war die Wahlparty im Krauthof in Hoheneck – mittlerweile eine Art Stammlokal für rechte Umtriebe – nicht öffentlich, die Presse nicht zugelassen. Als dann die guten Ergebnisse eintrudelten und man sich selbst schon als Siegermacht fühlte, wollte man dann doch in die Zeitung und ließ die Fotografen für ein paar Minuten durch die Hintertüre hinein, um gemeinsam ein Jubelfoto zu stellen.

Während unser Fotograf nach getaner Arbeit hinauskomplimentiert wurde, konnte er noch einen Schnappschuss von der „Siegertorte“ der AfD machen – so hat ein AfD-Anhänger die Konditorleistung wirklich genannt. Für eine Partei, die mit der Furcht vor Überfremdung und Multikulti auf Stimmenfang ging, war das mit allerlei Früchten verzierte Backwerk dann arg bunt geraten. Ein Käsekuchen hätte es doch auch getan.