Die Trümmer einer Ehe: Auch beim Filmpaar Mr. und Mrs. Smith (Brad Pitt und Angelina Jolie) ist das Verhältnis angespannt. Foto: regency entertainment

Aufgelesen im Kreis: Süßes und Saures. Diese Woche hängt Böblingen schon wieder Sindelfingen ab. Dafür präsentiert die Daimler-Stadt eine überwältigende Frauenquote.

Sindelfingen - Möglicherweise ist vergangene Woche an dieser Stelle ein falscher Eindruck entstanden: CDU und Grüne mögen sich in vielen Dingen näher gekommen sein – in Sachen Frauenquote stecken die Alternativen jedoch nicht mit den Konservativen unter einer Decke. Zumindest in Grafenau ist die emanzipierte Welt noch in Ordnung: Dort waren bis vor Kurzem alle drei von den Grünen errungenen Gemeinderatssitze weiblich besetzt. „100 Prozent Frauenquote ist herausragend im Kreis Böblingen“, hebt der Ortsverein den großen Unterschied zur CDU hervor. Dass jetzt ein Mann für eine Frau nachrückt, die nach Bayern zieht, haben die Wähler bestimmt. Hinter allen drei Grafenauer Gemeinderätinnen wurde als Ersatzperson ein starker Mann ausgezählt.

Die Umkehr der herrschenden Verhältnisse

In diesem Umfang betreibt momentan auch Sindelfingen Frauenförderung. Natürlich nicht im Gemeinderat, versteht sich: Dort hat die CDU die meisten Sitze – und nur auf drei von 14 haben Stadträtinnen Platz genommen. Aber in Maichingen hob das Gremium jetzt sechs Frauen auf das Schild. „Bei der Auswahl des Themenfelds ließ sich der Gemeinderat von der Erkenntnis leiten, dass die Straßenbenennung im Baugebiet Allmendäcker auf absehbare Zeit die letzte Chance bietet, das Defizit an Frauennamen bei den Sindelfinger Straßen etwas zu mindern“, lautete schon bei der ersten Namensfindungskommission vor elf Jahren die Einsicht. Damals wurde der Mangel an weiblicher Orientierung sogar als gravierend beziffert. Das Baugebiet wird nun von Frauen beherrscht, 26 von 29 Straßen tragen solche Namen. Damit kommt die Stadt der Grafenauer Quote mit fast 90 Prozent ziemlich nahe.

Leider handelt es sich bei diesen Schneisen durch eine Männerdomäne aber hauptsächlich um Wohnwege ohne Durchgangsverkehr, weshalb die Sindelfinger Gleichberechtigungsoffensive nur den wenigsten Menschen auffallen wird. Dabei könnte diese Umkehrung der herrschenden Verhältnisse attraktiv auf Großstädter wirken. Die ziehen derzeit nämlich lieber in die Liesel-Bach-Straße als beispielsweise in die Wilhelm-Haspel-Straße. Im Ranking der Kommunen mit dem höchsten Einwohnergewinn von Stuttgart hat Böblingen prompt seiner Nachbarstadt den Rang abgelaufen: Mit 812 in den vergangenen vier Jahren für sich als Neubürger gewonnenen Stuttgartern liegt es vier Plätze vor Sindelfingen. Sollte diese Rate konstant bleiben, hat Böblingen in 160 Jahren die Übermacht bei der Zahl der Einwohner.

Magstadt spielt bei Potenzvergleichen nicht mit

Magstadt würde bei solchen Potenzvergleichen sicherlich nicht mitspielen. Die viel kleinere Kommune ist immerhin auf Platz 20 der Tabelle gelandet. Und sie hätte künftig um eine über ihre Gemarkungsgrenzen hinaus wirkende Attraktion reicher sein können, wären Verwaltung und Gemeinderat weniger konservativ. (Dort sind weder grüne Frauen noch Männer vertreten.) Einmütig wurde das Ansinnen eines Geschäftsmannes abgewehrt, eine seit Jahren leer stehende Gaststätte in einem Gewerbegebiet wiederzubeleben – als Swingerclub. Die Räume sollten zum Treffpunkt für Paare umgebaut werden, die auf der Suche nach zusätzlichen Sexualpartnern sind. Mit 80 BesucherInnen, wie es Emanzen schreiben würden, hätte der Mann am Tag gerechnet.

Diese Zahl war den Magstädtern zu viel des Guten: Schon den Parkplatz stuften sie für „den regelmäßigen Kundenverkehr als ungeeignet“ ein. „Mr. & Mrs. Smith“, wie das Lokal hätte heißen sollen, darf aber vor allem deshalb nicht in die geradezu frauenfreundlich benannte Blumenstraße ziehen, weil es kein Gewerbe (eben nicht das angeblich älteste der Welt), sondern eine reine Vergnügungsstätte ist. Wenn das Vergnügen einmal einen Fuß in der Türe habe, könnte es sich des ganzen Viertels bemannen, befürchtet die Verwaltung. Da kommt dann jede Quote zu spät.