Christoph Sonntag bei TV-Aufzeichnung in der Porsche-Arena Foto: SWR

Vor 3000 Zuschauern hat Christoph Sonntag in der Porsche-Arena zwei Sendungen fürs SWR-Fernsehen aufgenommen. Viele fragten sich: Ist er noch Kabarettist oder gar der schwäbische Mario Barth?

Stuttgart - Muss des sein? Christoph Sonntag ist selbst schuld, dass man sich auf dem Weg zu seinem Auftritt diese Frage stellt. Denn seine Radio-Comedy-Serie bei SWR 3 beginnt immer mit dieser einen Frage.

Muss des sein? So gut hat der 53-Jährige sein Publikum gezogen, dass es auf diese Vorlage im Chor ruft: „Waaaas?“

Hier ein Beispiel: „Muss des sein?“ – „Waaaas?“ – „Muss des sein, dass sich Beziehungen im Laufe der Zeit so dermaßen abnutzen? Dann willste als Mann was retten und schlägst einen schönen Urlaub vor. Aber, zack, schon gibt’s wieder Streit. Denn die Frau will unbedingt mit.“

Nebenan spielt Simply Red

Muss des sein? Die Frage wird drängender, je näher du zur Porsche-Arena kommst, in der zwei Sendungen unter dem Titel „Sonntag im Alltag“ fürs SWR-Fernsehen aufgezeichnet werden (sie laufen am 6. und 13. November jeweils um 23.30 Uhr). Schon auf den Parkschildern liest du, dass an diesem Abend nicht nur Schwäbisches dargeboten wird. Muss des sein, fragst du dich vor dem gemeinsamen Eingang, dass du zu Christoph Sonntag in die Porsche-Arena gehst, während nebenan in der Schleyerhalle Simply Red spielen?

Ja, des muss sein! Denn als Schwabe willst du wissen, wie es ein Mann ganz allein schafft, mit dem Handicap unseres Dialekts über 3000 Leute in einer Halle zu fesseln. Als „König des schwäbischen Kabaretts“ wird der Brillenträger im Smoking, der seine Pointen in einem unglaublichen Tempo abfeuert, aus dem Off angekündigt. Unter Schwaben gibt’s wohl mehrere Regenten. Auch Mathias Richling ist ein König, von dem ich mal wissen wollte, was der Unterschied zwischen Kabarett und Comedy ist. Seine Antwort lautete: „Comedy geht in die Breite, Kabarett in die Tiefe.“ Christoph Sonntag ist sehr breit aufgestellt. Er weiß ganz genau, wie er sich die Brüller holt – indem er etwa feststellt, dass Lattenrost keine Geschlechtskrankheit ist. Oder wenn er „Smog im Schlafzimmer“ verständlich erklärt: „Dicke Luft, kein Verkehr.“

Kuriose Fragen des Lebens

Seit Millionen die „Heute-Show“ schauen, liegt der Lattenrost hoch. Wie gut Satire sein kann, wissen die Menschen vom ZDF, weshalb es Live-Künstler immer schwerer haben, mit ihren Späßen zu landen. Etliche Gags, die Sonntag bringt, sind vielen bekannt. Wenn er etwa kuriose Fragen des Lebens stellt, die im Internet auf Funseiten endlos ausgebreitet werden. „Wenn Schwimmen schlank macht, was macht dann der Blauwal falsch?“, ist so ein Klassiker, über den wir an diesem Abend in der Porsche-Arena nicht zum ersten (und nicht zum letzten) Mal lachen. Eine andere Frage von ihm ist noch besser: „Wenn du bei der Bahn schaffst, bleibt es dir dann erspart, dass du morgens pünktlich zum Dienst kommen musst?“

Ein Höhepunkt des ersten Teils ist der Auftritt des Fleischer-Chors Stuttgart. Der kommt von der Hallenseite hereinspaziert, mit der Württemberg-Hymne auf den Lippen: „Preisend mit schönen Reden.“ Und wir preisen den Chor 65plus gern an: Er ist in dem Alter, in dem sich die meisten Zuschauer des SWR-Fernsehens befinden. Erst um 23.30 Uhr wird „Sonntag im Alltag“ ausgestrahlt, wenn Senioren schlafen. Aber jugendfrei ist das Programm trotzdem nicht.

In der Pause, vor der Aufzeichnung der zweiten Sendung, sagt jemand im Foyer, der Christoph Sonntag sei kein Kabarettist mehr, sondern der schwäbische Mario Barth. Den Namen des Berliners spricht er aus, als sei er ein Schimpfwort. Aber warum? Herr Barth hat Stadien gefüllt. Dies kann sich Herr Sonntag als neues Ziel setzen. Er würde es hinbekommen. Denn er besteht vor einer großen Masse.

Da ich dies nun weiß, schenke ich mir die zweite Hälfte der Schwabenshow und gehe nebenan zu den Herren aus Manchester. Simply Red in der Schleyerhalle sind simply subbr! Des musste sein!