Julia Engelmann beim Dichterwettstreit Foto: Campus TV/Universität Bielefeld/dpa

Die Stars von heute werden auf Youtube gemacht. Früher war der Weg zum Ruhm einfacher, meint StN-Kolumnist Tom Hörner. Da reichte es, mit einen Plattenboss oder einem Senderchef ins Bett zu steigen.

Stuttgart - Ich hätte nichts dagegen, ein Star zu sein. Das Problem ist nur, man müsste etwas können, schauspielern, singen, irgendwas in der Preislage. Singen ist für mich seit dem Stimmbruch passé. Meine Schauspielerambitionen begrub ich, als ich beim Casting der Witzeerzählsendung „Gaudimax“ durchgerauscht bin. Vielleicht, überlege ich seit einiger Zeit, reicht es, wenn man sich auf eine kleine Form beschränkt, auf ein Kunststück. Mit etwas Glück könnte man es so zum Star auf der Videoplattform Youtube bringen.

Die ehemalige RTL-Soap-Darstellerin und jetzige Psychologiestudentin Julia Engelmann hat bei einem Dichterwettstreit in Bielefeld mitgemacht. Sie trug einen Text vor, der Optimismus verströmt und jungen Leuten Mut macht, der Tristesse des Alltags zu entfliehen. Ein Jahr lang dümpelte das Video auf Youtube herum, ohne übermäßig beachtet zu werden. Jetzt wurde es – die Wege des Netzes sind unergründlich – zum Internet-Hit.

Leider kann ich keine Gedichte schreiben, die Menschen berühren. Die Gedichte, die ich bisher schrieb, waren Zoten. Ich glaube, mit Zoten kann man bei einem Dichterwettstreit nicht brillieren, auch nicht in Bielefeld.

Früher, als es Youtube noch nicht gab, war das Starsein einfacher. Da ging man mit einem Plattenboss oder einem Senderchef ins Bett – und der Grundstein zu einer Karriere war gelegt. Dass das nicht mehr klappt, daran haben auch Plattenbosse und Senderchefs zu nagen.

Das einzige, was Menschen, die kein erkennbares Talent besitzen, noch bleibt: Sie müssen ein Kunststück einüben, den Film auf Youtube stellen und beten. Das Kunststück, an dem ich seit dieser Woche arbeite, sieht so aus: Ich stehe da wie ein Turmspringer, nur mit einer Badehose in Tigerfellimitat bekleidet. Die Idee ist, dass ich nach vorne springe, auf meiner Nase lande und gleich wieder zurück in den Stand federe. Außer einer blutigen Nase habe ich bisher nichts vorzuweisen. Ich fürchte, mein Starsein ist auf halbem Weg stehen geblieben.