Eine Frau bricht in Tränen aus, als sie das Ergebnis der Volksabstimmung in Kolumbien hört. Wie es mit dem Friedensprozess weitergehen soll, ist ungewiss. Foto: dpa

Die Kolumbianer haben das Abkommen mit der linken Farc-Guerilla abgelehnt. Das Nein ist ein harter Rückschlag für Präsident Santos und den Friedensprozess in dem südamerikanischen Land. Wie es weitergeht, steht in den Sternen.

Bogotá - Völlig überraschend haben sich die Kolumbianer gegen das Friedensabkommen zwischen der Regierung und der linken Guerillaorganisation Farc ausgesprochen. Bei dem Referendum am Sonntag stimmten 50,21 Prozent gegen den Vertrag, wie die Wahlbehörde nach der Auszählung fast aller Stimmen mitteilte. 49,78 Prozent votierten für das Abkommen. Alle Umfragen waren zuvor von einer Bestätigung des Abkommens ausgegangen.

Die Wahlbeteiligung lag bei 37,43 Prozent. Generell gehen in Kolumbien nicht viele Menschen zu Wahlen und Abstimmungen. Heftiger Regen und Sturmböen wegen des Hurrikans „Matthew“ über der Karibik dürften die Beteiligung am Sonntag weiter gedrückt haben.

Die Gegner des Vertrags jubelten, als sich das Nein abzeichnete. Befürworter des Abkommen hingegen brachen in der Hauptstadt Bogotá in Tränen aus. Das äußerst knappe Ergebnis zeigte auch, wie tief gespalten die kolumbianische Gesellschaft nach über 50 Jahren des internen Konflikts ist.

Auch regional gab es starke Unterschiede: Während sich die Menschen im Zentrum des Landes rund um die Hauptstadt Bogotá und die Wirtschaftsmetropole Medellín mehrheitlich gegen den Vertrag aussprachen, dominierten an der Karibik- und Pazifikküste die Befürworter des Abkommens.

Regierung und Rebellen hatten Vertrag unterschrieben

Wie es mit dem kolumbianischen Friedensprozess nun weitergeht, ist völlig unklar. Die Regierung und die Farc-Rebellen hatten den Vertrag nach knapp vierjährigen Verhandlungen am vergangenen Montag unterzeichnet. Er sollte den ältesten bewaffneten Konflikt Lateinamerikas mit mehr als 220 000 Toten und Millionen Vertriebenen beilegen.

„Ich gebe nicht auf. Ich werde mich bis zum letzten Tag meiner Amtszeit um den Frieden bemühen“, sagte Präsident Juan Manuel Santos. Bereits am Sonntag werde er seine Unterhändler wieder an den Ort der Friedensgespräche in Kuba schicken. Auch mit den Gegnern des Abkommens wolle er Gespräche aufnehmen, sagte er.

Die Farc zeigten sich von dem Abstimmungsergebnis enttäuscht. Eine Rückkehr zum bewaffneten Kampf schlossen die Rebellen zunächst allerdings aus. „Die Farc halten an ihrer Bereitschaft zum Frieden fest und unterstreichen ihren Willen, nur noch Worte als Waffen zum Aufbau der Zukunft zu nutzen“, sagte Farc-Kommandeur Rodrigo Londoño alias „Timochenko“.

Ergebnis der Volksabstimmung ist bindend

Für Präsident Santos ist das Ergebnis der Volksabstimmung bindend. Nach dem negativen Votum kann er das Abkommen nun zunächst nicht umsetzen. Es gibt Überlegungen, ob sich nun der Kongress den Friedensvertrag zu eigen machen und in Kraft setzten könnte. Gegen den ausdrücklichen Willen der Wähler dürfte das allerdings schwer zu vermitteln sein.

Politisch ist die Ablehnung ein harter Rückschlag für Staatschef Santos. Er hatte den Friedensprozess mit den Farc in das Zentrum seiner Präsidentschaft gestellt und offensiv für das Abkommen geworben. Wegen der Friedensverhandlungen hatte er sich auch mit seinem Vorgänger und Ziehvater Álvaro Uribe überworfen.

Der Vertrag sieht eine Landreform und neue Ansätze zur Bekämpfung des Drogenhandels vor. Die Farc wollten künftig mit politischen Mitteln für ihre Ziele eintreten. Die Rebellen sollten in den kommenden zwei Wahlperioden zehn Abgeordnetenmandate garantiert bekommen. Zudem wären selbst schwerste Verbrechen nur mit maximal acht Jahren Haft geahndet worden.

Die Gegner des Abkommens hatten vor allem die relativ milden Strafen für die Guerilleros kritisiert. Trotz seines Triumphs zeigte sich Ex-Präsident Uribe, der für die Ablehnung des Vertrag geworben hatte, am Sonntag versöhnlich. „Alle wollen Frieden, keiner will Gewalt“, sagte er. Mit seiner rechten Partei Centro Democrático wolle er zu einem „nationalen Pakt für den Frieden“ beitragen.