Kolumbianer begrüßen den Friedensabschluss während einer öffentlichen Übertragung. Foto: AFP

Nach vier Jahren zähen Verhandlungen haben die Regierung von Kolumbien und die einstige Guerilla-Gruppe Farc ein umfassendes Friedensabkommen mit sechs Unterkapiteln ausgehandelt.

Bogota - Der älteste kriegerische Konflikt der westlichen Hemisphäre ist beendet. Die kolumbianische Regierung und die Rebellen-Organisation Farc haben ihre fast vierjährigen Friedensverhandlungen abgeschlossen und ein als historisch geltendes Abkommen vorgelegt. Was jetzt noch fehlt, sind die Unterschriften und die Billigung durch ein Plebiszit. Damit ist der seit 52 Jahren tobende Konflikt beigelegt, der eine Viertelmillion Menschen das Leben gekostet hat. „Heute beginnt das Ende des Leidens, des Schmerzes und der Tragödie des Krieges“, sagte Präsident Juan Manuel Santos in einer Fernseh-Ansprache.

„Wir haben ein abschließendes, umfassendes und endgültiges Abkommen für das Ende des Konfliktes erreicht“, kommentierte der kubanische Vermittler Rodolfo Benítez vor Journalisten in Havanna, wo die Verhandlungen geführt worden waren. Neben Kuba hatten Norwegen, Venezuela und Chile den Prozess begleitet. „Der Krieg mit den Waffen ist vorbei, jetzt beginnt die Debatte der Ideen“, formulierte Iván Márquez, der Verhandlungsführer der Farc.

Amnestie für die Kämpfer

Auch US-Präsident Barack Obama und UN-Generalsekretär Ban Ki-Moon äußerten sich befriedigt. In der Schlussphase der Verhandlungen, mit deren Aufnahme Santos im September 2012 sein Land und die Welt überraschte, waren noch die Einzelheiten der Amnestie für Farc-Kämpfer, ihre Teilnahme an der Politik und ihre Eingliederung ins zivile Leben offen.

Gepostete Fotos von entspannt wirkenden, lächelnden Unterhändlern signalisierten vor der offiziellen Ankündigung, dass diese Punkte so gut wie gelöst seien. So wird der Farc zugebilligt, bis zur nächsten Wahl eine „Stimme“ im Parlament zu haben, die aber kein Recht zur Abstimmung beinhaltet. Für die folgenden Legislaturperioden wird der Organisation das Recht auf fünf Senatoren und fünf Abgeordnete zugebilligt, unabhängig davon, wie sie bei den Wahlen abschneidet. Das umfangreiche Vertragswerk soll demnächst feierlich und unter Teilnahme möglichst vieler ausländischer Staatschefs unterzeichnet werden. Für den 2. Oktober plant die Regierung ein Plebiszit, in dem die Kolumbianer das Abkommen annehmen oder ablehnen können.

Viel Misstrauen

Was geschieht, wenn sich eine Mehrheit für das „Nein“ ergibt, ist kaum auszudenken. Die Verhandlungen in Havanna waren in Kolumbien stets mit einem hohen Maß an Misstrauen verfolgt worden. Dass nicht nur die extreme Rechte, die sich um Santos-Vorgänger Álvaro Uribe gruppiert, die Gespräche ablehnte, sondern auch weite Teile der Gesellschaft dagegen waren, dürfte an der tief verwurzelten Ablehnung liegen, die der Farc entgegenschlägt. Die Lauterkeit des sozialrevolutionären Anspruchs der frühen Jahre ist längst überdeckt durch schwere Verletzung der Menschenrechte, Kriegsverbrechen und Verstrickung in den Drogenhandel – Untaten, die die Armee und die Paramilitärs ebenso verübten. Die Leidtragenden waren die Zivilisten, vor allem auf dem Land.

Der Wind hat sich gedreht

Das Argument des Uribe-Lagers, der ganze Friedensprozess sei nicht legitim und laufe auf Straflosigkeit für die Farc hinaus, fand stets Widerhall. Uribe, der von 2002 bis 2010 regierte, hatte äußerste militärische Härte angewandt, Verhandlungen praktisch ausgeschlossen und der Farc tatsächlich schwere Niederlagen zugefügt. Allerdings deuten Meinungsumfragen darauf hin, dass sich in letzter Zeit der Wind gedreht hat. Nach einer neuen Umfrage sind mehr als zwei Drittel derer, die eine feste Meinung haben, für das „Ja“ und ein knappes Drittel für das „Nein“. Aber der Anteil derer, die noch schwanken, liegt bei 35 Prozent der Bevölkerung. Regierung und Opposition werden in den nächsten Wochen also alles tun, um die Unentschiedenen auf ihre Seite zu ziehen.

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