Marschieren im Gelände gehört zum Standard-Aubildungsprogramm bei der Truppe. Foto: dpa-Zentralbild

Ein Toter, drei Zusammenbrüche, zwei Soldaten, die dem Kollaps nahe sind – das ist die Bilanz eines Tages in der Grundausbildung im Juli in Munster. Unterdessen liegt der Obduktionsbericht vor. Das Rätsel der Todesursache löst er aber nicht.

Berlin - Die Informationen über den Eingewöhnungsmarsch in Munster, in dessen Folge ein Offiziersanwärter Ende Juli gestorben ist, werden immer verwirrender. Nach bisherigem Erkenntnisstand mussten am 19. Juli 29 Offiziersanwärter in der Grundausbildung nicht nur einen, sondern mehrere Märsche absolvieren. Das bestätigte der Sprecher von Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) am Freitag in Berlin.

Der Soldat, der nach etwa drei Kilometern zusammenbrach, notärztlich versorgt wurde und zehn Tage später starb, war nicht der einzige, der während der Übung massive gesundheitliche Beeinträchtigungen zeigte. Drei weitere Soldaten mussten im Lauf des Tages notärztlich versorgt werden. Darüber hinaus waren zwei Soldaten während oder nach dem Marsch kurzzeitig nicht ansprechbar. Weitere fünf Offiziersanwärter klagten über leichtere Beschwerden, unter anderem Bauchschmerzen, Knie-, Fuß- und Unterschenkelschmerzen.

„Wir müssen die Todesursache weiter aufklären“

„Wir wissen noch nicht genau, was vorgefallen ist“, betonte das Verteidigungsministerium, das in der Zwischenzeit mehr als vierzig Beteiligte befragt hat, und warnte vor voreiligen Schlüssen. Eine übergeordnete Hauptursache, die die hohe Zahl gesundheitlicher Beeinträchtigungen erkläre, sei bisher nicht entdeckt.

Die Staatsanwaltschaft Lüneburg, die in dem Todesfall ermittelt, bestätigte, dass der Soldat laut Obduktionsbericht an multiplem Organversagen in Folge einer Sepsis (Blutvergiftung) gestorben sei. Der Auslöser dafür sei aber nach wie vor unklar, so die Sprecherin Angelika Klee gegenüber unserer Zeitung. „Wir müssen die Todesursache weiter aufklären und zusätzliche rechtsmedizinische Untersuchungen anstellen.“ Ihre Behörde prüfe derzeit, ob jemandem ein strafrechtlich relevanter Vorwurf zu machen sei. Erwiesen sei dies noch nicht.

„Kehrt Marsch“ als erzieherische Maßnahme

Das Verteidigungsministerium begründete die Abläufe am 19. Juli damit, dass 29 von 44 Soldaten nicht wie befohlen alle nötigen Ausrüstungsgegenstände mit sich geführt hätten. Deshalb habe der Ausbilder den Rückmarsch in die Kaserne angeordnet. Kurz vor Erreichen des Standortes sei der inzwischen verstorbene Soldat kollabiert. Einige Soldaten hätten im weiteren Verlauf des Tages Liegestützen absolvieren müssen. Der Sprecher wollte dabei nicht von einem „Strafmarsch“ sprechen; laut Diktion der Truppe habe es sich um eine „erzieherische Maßnahme“ gehandelt.

Kein allein stehender Vorgang, sondern übliche Ausbildungspraxis

Das Verteidigungsministerium ordnete den Ablauf als „nicht alleine stehend“ in der Geschichte der Bundeswehr, sondern als recht übliche Ausbildungspraxis bei der Truppe ein. Jährlich durchliefen 20 000 Soldaten die Grundausbildung bei der Bundeswehr. Im Ausbildungsablauf werde den Soldaten in der Grundausbildung zunächst in der Kaserne vermittelt, dass es bei Übungen im Gelände keine Möglichkeit gebe, Ausrüstungsgegenstände zu holen, die man nicht mit sich führe. Wenn es dennoch dazu komme, dass Gegenstände im Gelände fehlten, müssten die Soldaten sie holen. In diesem Fall seien die 29 Betroffenen gemeinsam mit dem Ausbilder und ohne Zeitvorgabe zurückmarschiert in die Kaserne.