Der künftige und der amtierende Mahle-Chef: Wolf Henning Scheider (li.) Foto: dpa

Dank Zukäufen ist Mahle im letzten Jahr kräftig gewachsen und hat auch seine Abhängigkeit vom Verbrennungsmotor deutlich verringert. Mittlerweile hängen weniger als 50 Prozent des Mahle-Umsatzes am Verbrennungsmotor.

Stuttgart - Die Abhängigkeit vom klassischen Verbrenner werde in den kommenden Jahren weiter sinken, sagt der scheidende Mahle-Chef Heinz Junker bei seiner letzten Bilanzpressekonferenz. „Kolben machen dabei nur noch zehn Prozent des Umsatzes aus.“ Einen Seitenhieb kann er sich dabei nicht verkneifen. Die Hoffnung, dass nun in den Medien nicht immer nur vom Kolben-Mahle die Rede ist, habe er aber mittlerweile aufgegeben, sagt Junker schmunzelnd. Der 65-Jährige wird am 1. Juli an die Aufsichtsratsspitze wechseln. Zeitgleich rückt der ehemalige Bosch-Kfz-Spartenchef Wolf-Henning Scheider an die Mahle-Spitze.

Seit April ist Scheider (52) als stellvertretender Vorsitzender der Geschäftsführung bei Mahle an Bord. Und sein erster Eindruck? „Ich bin in ein dynamisches Unternehmen gekommen, in dem sich viel bewegt – nicht nur durch Zukäufe“, sagt Scheider.

Mit Aussagen hält er sich zurück, doch Junker wirft ihm den Ball beim Thema Elektromobilität und möglichen Plänen zu. Mahle liefert bereits für den Stadtflitzer Renault Twizy einen mit bis zu 15 Kilowatt starken Elektromotor. Der Autozulieferer hatte 2014 die slowenische Letrika-Gruppe übernommen, die Elektromotoren und Generatoren sowie elektrische Antriebssysteme herstellt.

Scheider nimmt Junkers Ball auf. Man konzentriere sich auf leichte Fahrzeuge und die Elektrifizierung der Nebenaggregate. Der Fokus liege auf Freizeit- und Logistikfahrzeugen, auch Staplern, sagt Scheider. In diesem Moment wirken Junker und Scheider wie ein eingespieltes Team. Gemeinsam waren sie auch auf der Automesse in Schanghai und werden demnächst auch ein neues Werk in China eröffnen.

Wie viel Freiraum er Scheider als Mahle-Chef einräumen werde? Bei solchen Fragen muss Junker schmunzeln. „Ich bin ziemlich tiefenentspannt und mache schon zwei Jahre länger als geplant. Irgendwann muss es gut sein“, sagt der Manager. „Ich habe keine Befürchtung, dass wir uns auf die Füße treten.“ Dass man Scheider für den Posten gewinnen konnte, darüber ist Junker froh und verrät auch, dass er sich freue, dass er selbst künftig „ein etwas reduziertes Arbeitswochenkonto haben wird“. Denn als Mahle-Chef war für ihn die letzten Jahre eine 70-Stunden-Woche gang und gäbe.

Künftig will sich der Autozulieferer auf die weitere Optimierung des Verbrennungsmotors konzentrieren, aber auch verstärkt an alternativen Antriebskonzepten arbeiten. Beim Verbrennungsmotor sieht Junker noch 20 bis 30 Prozent Potenzial zur Verbrauchs- und CO2-Senkung. Beispiel: Durch den Einsatz von Stahl- statt Alukolben reduziert sich der Kraftstoffverbrauch um drei bis fünf Prozent. Mahle hat die Technologie als erster Hersteller in Großserie gebracht und dafür im Werk Rottweil zweistellige Millionenbeträge investiert.

Nicht nur technologisch auch international ist Mahle kräftig vorangekommen. Nachdem 2014 drei neue Werke in China und Indonesien eröffnet wurden, kommen dieses Jahr weitere drei weitere in Mexiko (Filtration und Thermomanagement) sowie eines in China dazu.

Im letzten Jahr hat Mahle vor allem durch Zukäufe zugelegt. Der Umsatz stieg um gut 43 Prozent auf 9,9 Milliarden Euro. Aus eigener Kraft ist Mahle nur um zwei Prozent gewachsen. Unterm Strich verdiente der Zulieferer 279 Millionen Euro (plus 18,2 Prozent).

2015 soll der Umsatz auf 10,5 bis 11,5 Milliarden Euro steigen. Konkretere Zahlen nennt Junker nicht, weil unklar ist, wann die Übernahme der Klimatechnik-Sparte des US-Zulieferers Delphi mit rund 7600 Mitarbeitern und umgerechnet 1,1 Milliarden Euro Umsatz abgeschlossen ist. Junker rechnet damit bis zur Jahresmitte. Für die nahe Zukunft will Mahle seine Position unter den weltweit 20 größten Autozulieferern ausbauen und in allen Produktsegmenten – darunter Motorsysteme und -komponenten, Filtration und Motorperipherie sowie Thermomanagement – zu den Top 3 gehören.

Der Kauf der Delphi-Sparte diene dem Ausbau des wichtigen Wachstumsbereichs Thermomanagement, der bei zukünftigen Antriebsalternativen eine immer wichtigere Rolle spiele. Der Kauf habe nicht zur Folge, dass nun Mahle-Behr-Werke in Frage gestellt würden, so Junker. Derzeit laufen Gespräche mit Arbeitnehmervertretern über Kostenentlastungen an deutschen Standorten. Arbeitsdirektor Michael Glowatzki rechnet mit einer Einigung im zweiten Halbjahr. Zahlen über einen möglichen Jobabbau nannte er nicht. Im Inland beschäftigt Mahle fast 14 200 der weltweit 66 234 Mitarbeiter .