„Ich steh’ dann mal am Herd“ lautet der Titel von Thomas Connertz’ Kochbuch. Foto: privat

Thomas Connertz hat das charmante Kochbuch „Ich steh’ dann mal am Herd“ verfasst. Im Plauderton lehrt es schnelle Gerichte und solche, die bei Schwiegereltern Eindruck schinden.

West - Das Schönste an Thomas Connertz Kochbuch ist seine Ehrlichkeit „Es gibt wahrlich bessere Foodstylisten als mich“, gesteht der Autor aus dem Stuttgarter Westen im Vorwort. Die Gerichte, die er für das Buch gekocht hatte, wollte er hinterher noch essen können, sodass sie ungeschminkt aufs Foto mussten. Connertz schreitet mit einer Art liebenswürdigem Pragmatismus zu Werke und bemüht dabei jenen vertraulichen Ikea-Tonfall, der dir das Gefühl vermittelt: Der Thomas steht jetzt neben dir am Herd und plaudert übers Kochen. „Ob du Kräuter vor der Verwendung wäschst, überlasse ich dir. Wie fein du sie hackst, ist mir egal. Außer manchmal“, sagt er dann zum Beispiel. Sehr lässig kommt der Titel dieser Rezeptesammlung daher. „Ich steh dann mal am Herd“ heißt sie in Anlehnung an Hape Kerkelings Bestseller „Ich bin dann mal weg“.

Von Haus aus ist Connertz eigentlich Freizeit-Blogger. Seit Jahren veröffentlicht er seine Gerichte auf seinem Blog dreiminutenei.de. „Ich habe ihn 2012 eigentlich aus Eigennutz gestartet, als ich nach einer Möglichkeit suchte, meine Rezepte so aufzuschreiben, dass ich von überall aus etwas nachschauen kann.“ Dass Freunde und Fremde sich auf seinen Seiten Kochtipps holten, war ein sympathischer Nebeneffekt. Und auch sonst hat die Form des Blogs einige Vorzüge: So können Rezepte abgeändert und Bilder ausgetauscht werden, wenn ein Gericht beim nächsten Mal besser gelingt. Aber auch ein Buch hat gute Seiten. Geduldig bleibt es aufgeschlagen am Herd liegen, während sich der Bildschirm intervallweise schlafen legt und mit Zwiebelfingern geweckt werden muss. Das hat auch Connertz eingesehen und schließlich genickt, als der Thorbecke-Verlag anfragte, ob er seine Rezeptesammlung nicht in Buchform herausbringen wolle. Connertz arbeitet übrigens selbst in der Buchbranche: Beim Thieme Medizinbuch-Verlag ist er für das Contentmanagement zuständig.

Die Rezepte hat der 52-Jährige in fünf Kapitel eingeteilt. Unter „Das schmeckt wie früher“ findet man neun traditionelle Gerichte wie Rinderrouladen, Wiener Schnitzel oder Birnen-Bohnen-Speck. „Alltagsküche mit Pfiff“ vereint zehn aufwendige Rezepte, nichts, „das man mal eben so schnell macht, sozusagen zwischen Mantel aufhängen und Tagesschau einschalten“, wie Connertz ausführt. Aber er verspricht, dass man nicht die halbe Stadt nach den Zutaten abzugrasen braucht. Alles dafür sei im Supermarkt zu haben. Die Gerichte sind nicht wirklich ausgefallen, haben aber einen Pfiff, der sie des fantasielosen Standards entreißt, wie der Klumpen Honig an den Bratkartoffeln oder der Stern-Anis, der im Wirsingeintopf schwimmt.

Unter der Überschrift „Man gönnt sich ja sonst nichts“ vermutet der Leser Gerichte, mit denen sich bei Schwiegereltern und neuen Nachbarn Eindruck schinden lässt, als da wären Gorgonzola-Frikadellen, Rehrücken, Muscheln oder Zander. Connertz erinnert daran, dass das Auge mitfuttert und rät zu farblichen Kontrasten. Auf das eher barocke Kapitel mit neun Rezepten lässt Connertz unter „Das schmeckt wie Urlaub“ mediterrane Kost folgen. In neun Rezepten führt der Autor rund ums Mittelmeer, mit klarer Schlagseite Richtung Italien. Zuletzt kommt das Dessert. In „Etwas süßes geht immer“ kredenzt der Autor neun alte Bekannte und neue Bekanntschaften wie Rote Grütze, Bayerische Creme, Apfeltarte und Creme von weißer Schokolade und Heidelbeeren.

Präsentiert werden die Gerichte jeweils auf einer Doppelseite. Wo der Platz mal nicht ausreichte, ließ es sich der Blogger nicht nehmen, einen QR-Code einzufügen, der zu einer Internetseite mit Schritt-für-Schritt-Anleitung lotst. Connertz legt Wert auf größtmögliche Lebensnähe. Das gilt für Anleitung, Einkauf aber auch für eine realistische Zeitangabe. „Wenn Mengen Zwiebeln zu schneiden sind, oder Koriander zu zupfen ist, ist das mit eingerechnet.“

An mancher Stelle ist Großzügigkeit und Frei-Schnauze-Methodik angebracht, findet Connertz. Kochen sei eine kreative Angelegenheit, die Improvisationstalent erfordert. Man muss über die Fantasie verfügen, sich vorzustellen, wie Dinge zusammen schmecken. Der Koch ist dann in der Lage, souverän eine fehlende Zutat gegen eine andere zu ersetzen. Solche Vorgänge bergen eine enorme Innovationskraft. Möglicherweise hat auch das Coq au vin erst Fliegen gelernt, weil gerade kein Wasser zur Hand war. Connertz’ unterschwellige Botschaft lautet: Bloß nicht verbissen am Herd stehen, sich locker machen. „Kochen macht einfach Spaß, entspannt nach der Arbeit. Es ist eines der wenigen Hobbys, deren Ergebnisse sich nicht im Schrank stapeln.“