Ausgezeichnete Jungköche (von links): Joshua Lüscher von der Zirbelstube Hotel am Schlossgarten in Stuttgart, Julian Lechner vom Hotel Bareiss in Baiersbronn und Ivan Angelkov vom Hotel Talmühle in Sasbachwalden. Foto: Lichtgut/Horst Rudel

Das Niveau der Jungköche begeisterte die Jury beim Wettbewerb im Top air im Stuttgarter Flughafen. Die Anzahl der Teilnehmer aber ernüchterte: Selbst die Spitzengastronomie tut sich offenbar schwer, Nachwuchs zu finden.

Stuttgart - In der deutschen Fernsehlandschaft zählen Köche mittlerweile zum etablierten Showpersonal. In schicken weißen Jacken stehen sie meist völlig relaxed am Herd, um ihr Publikum in die Geheimnisse ihrer Kochkunst einzuweihen. Die drei jungen Männer, die im Reich von Top air- Küchenchef Marco Akuzun am Stuttgarter Flughafen stehen, sind nicht wirklich entspannt. Ihre hellgrauen Jacken ziert schon der eine oder andere Spritzer, die Wangen sind gerötet, die Haare verschwitzt. Das Trio ist im Stress. Kein Wunder. Schließlich stehen sie im Wettstreit, wer sich bei der 39. Auflage des Concours Régional des Jeunes Chefs Rôtisseurs 2016 als bester Jungkoch feiern lassen darf. Dem Urteil der sechsköpfigen Jury stellen sich Julian Lechner vom Hotel Bareiss in Baiersbronn, Joshua Lüscher von der Zirbelstube Hotel am Schlossgarten in Stuttgart und Ivan Angelkov vom Hotel Talmühle in Sasbachwalden. Bewertet werden Arbeitstechnik, Kreativität, die Optik und natürlich der Geschmack.

In ihrem Alltag folgt ihre Kunst einem festen Ablauf, die Bewegungen greifen ineinander wie beim Ballett. Doch ein Wettbewerb ist ganz anders. Sie werkeln in einer fremden Küche, in der sie immer wieder nach Geräten suchen und oft doppelte Wege gehen müssen. Wertvolle Zeit verstreicht. Es ist nach 18 Uhr und spätestens in einer halben Stunde muss der erste Gang angerichtet sein. Um 9.30 Uhr haben sie den Warenkorb erhalten. Nach 30 Minuten musste das Menü stehen. Alle haben ihr eigenes Rezeptbuch dabei. Auf der Zutatenliste standen unter anderem Risotto, Zander, Maishähnchen, Schokolade und Blutorangen.

Beim ersten Wettbewerb gleich eine Panne beim Zeitmanagement

Jeder verfolgt eine andere Strategie. Ivan Angelkov ist mit seinem Zeitmanagement ganz schön durcheinander gekommen. „Ich habe viel zu lange für das Dessert gebraucht und dann blieben mir nur noch zwei Stunden für die weiteren Gerichte“, erzählt der gebürtige Bulgare, der erst seit zwei Monaten in der Talmühle kocht. Es ist sein erster Wettbewerb und deshalb ist der 26-Jährige entsprechend nervös. Am Ende ist dann doch noch alles pünktlich auf den Tellern gelandet. Und er freut sich über den dritten Platz. Joshua Lüscher arbeitet seit April 2015 in der Stuttgarter Zirbelstube, kümmert sich dort um die Fische und absolvierte seine Lehre ebenfalls in einem Fischrestaurant. Deshalb hatte der Schweizer keine Mühe den Zander perfekt glasig auf den Punkt zu bringen. „Ich will alles aus mir rausholen“, erzählt der 25-Jährige. Das Geschirr sucht er sehr bewusst aus, damit seine Kreationen gut zur Geltung kommen. Nur einer ist am Ende besser als er: Julian Lechner vom Drei-Sterne-Lokal Bareiss in Baiersbronn. „Ich habe am Anfang Gas gegeben und hatte am Ende noch Zeit für Details“, sagt der stolze Sieger. Schon die Vorspeise klingt verlockend: Kross gebratener Zander im Oktopus-Herzmuschelsud mit Tomaten und Aioli. Als Hauptgang serviert er Brust vom Maishähnchen mit Süßkartoffelpüree, grünen Bohnen und Chorizo. Eine süße Verführung ist das Törtchen von weißer Schokolade und Blutorange mit Haselnuss-Crumble und Kaffeeeis. „Ich liebe die Pâtisserie, da kann man so schön spielen“, erzählt Julian Lechner. Und es ist vor allem dieses Dessert, das die Geschmacksnerven der Juroren erobert. „Das Niveau war insgesamt hervorragend. Aber dieses Törtchen kann man nicht besser machen“, sagt Juror Martin Öxle, hochdekorierter Sternekoch und früher selbst Chef im Top air. Auch Friedrich Nagel, der Vorsitzende der Jury, ist angetan von der Leistung der Talente. „Um sich einem Wettbewerb zu stellen, braucht man Mut und Kreativität“, sagt Nagel.

In früheren Jahren waren mehr Jungköche am Start

Doch er wird auch ein bisschen nachdenklich, als er Vergleiche zu früheren Jahren zieht. „Da hatten wir auch schon mal sechs Köche am Start.“ Der Rückgang der Bewerber spiegelt auch die Realität in Deutschlands Gastronomie wider. Selbst Topadressen haben es derzeit schwer, Lehrlinge zu finden. An diesem Abend aber erfreuen sich die Gäste lieber an den aromatisch tiefgründigen Kreationen, die ihnen mit jeder Gabel ein neues Erlebnis bescheren.