Die künftigen Regierungspartner bezweifeln, ob die Pkw-Maut wirklich kommt Foto: dpa-Zentralbild

Jetzt hat die CSU ihre gewünschte Pkw-Maut – vorerst aber nur auf dem Papier des Koalitionsvertrags. Ob die umstrittene Vignette tatsächlich bald auf Autos geklebt wird, bleibt unter Schwarz und Rot weiterhin strittig.

Berlin - Für CSU-Chef Horst Seehofer ist es jetzt erst mal eine Genugtuung. Forsch hatte Bayerns Ministerpräsident im Wahlkampf getönt, ohne Pkw-Maut für Ausländer unterzeichne er keinen Koalitionsvertrag – gegen das Nein der SPD, gegen die deutliche Ansage von Kanzlerin Angela Merkel (CDU): „Mit mir wird es keine Pkw-Maut geben.“ Am Mittwoch setzte er seinen Namen unter das schwarz-rote Regierungsprogramm und stellte zufrieden fest: „Die Pkw-Maut steht im Vertrag.“ Doch das ist zunächst nur ein Etappensieg. Sogar die künftigen Regierungspartner bezweifeln offen, ob eine Maut am Ende auch auf die Straße kommt.

Um für einen Kompromiss zueinanderzufinden, wurde die Einführung eines „angemessenen Beitrags der Halter von nicht in Deutschland zugelassenen Pkw“ mit zwei Bedingungen verknüpft. Erstens, „dass kein Fahrzeughalter in Deutschland stärker belastet wird“. Und zweitens, dass die Ausgestaltung europarechtlich korrekt ist, sprich: Fahrer aus dem Ausland nicht wegen ihrer Nationalität diskriminiert werden.

Das bedeutet, dass nicht allein Fahrer aus dem Ausland eine Vignette kaufen müssten, sondern inländische genauso. Der CSU schwebt daher vor, Einheimische etwa über eine niedrigere Kfz-Steuer zu entlasten.

Die Frage ist nur: Sind Maut-Mehrbelastungen wirklich für jeden inländischen Fahrer zu vermeiden oder vielleicht nur im rechnerischen Schnitt? Denn viele Kleinwagen-besitzer zahlen weniger Kfz-Steuer als 100 Euro, die als Preis einer Jahresvignette im Gespräch sind. Dem Vernehmen nach sollen etwa zehn Millionen Besitzer von Pkw weniger als 100 Euro Kfz-Steuer im Jahr zahlen müssen – diese Zahl entspricht immerhin einem Viertel des gesamten Pkw-Bestandes.

Und wie würde ein deutscher Autofahrer an anderer Stelle entschädigt, der nur eine Vignette für mehrere Tage oder für zwei Monate kauft? Der Automobilclub ADAC, der im harten Maut-Abwehrkampf steht, hält eine volle Entlastung rechtlich für nicht umsetzbar. Es bliebe nur: „Entweder gibt es keine Pkw-Maut oder eine für In- und Ausländer.“

SPD und CDU wollen jedenfalls darauf pochen, dass kein einziger Inländer mehr zahlt. Merkel hebt hervor, wie entscheidend die vereinbarten „Prinzipien“ einer Pkw-Maut für sie seien. Und SPD-Chef Sigmar Gabriel gibt sich gelassen: „Wenn das möglich ist, was soll ich denn dagegen haben?“ Deutlicher formuliert es der schleswig-holsteinische Landeschef Ralf Stegner, für wie wahrscheinlich die Verkehrsabgabe in der SPD gehalten wird: „Wenn Weihnachten und Ostern zusammengelegt wird im nächsten Jahr, dann kommt auch die Maut.“

Die offene Flanke der CSU resultiert vorerst auch daraus, dass sie für ihr langjähriges Wunschprojekt noch kein ausgearbeitetes Konzept vorgelegt hat. Präsentiert der künftige Verkehrsminister doch noch eine Lösung, die alle Bedingungen unter einen Hut bringt? Amtsinhaber Peter Ramsauer (CSU) kontert, einige Zweifler könnten wohl noch nicht fassen, dass die Maut im schwarz-roten Vertrag steht: „Die treten jetzt nach, aber nicht mehr lange.“ Besiegelt werden soll ein Gesetz schnell im neuen Jahr, damit in dieser Wahlperiode noch größere Einnahmen hereinkommen – eine Vignette bräuchte zwei bis drei Jahre als organisatorischen Vorlauf.

Zweifel gibt es auch daran, ob eine Pkw-Maut per Vignette sich aus fiskalischer Sicht lohnt. Der ADAC hatte vorgerechnet, dass allenfalls 266 Millionen Euro im Jahr von ausländischen Pkw-Fahrern zu kassieren wären. Die Erhebungskosten würden aber schätzungsweise fast genauso hoch liegen. Die Befürworter der Vignetten-Lösung bezweifeln die Zahlen. Selbst wenn am Ende ein zwei- oder dreistelliger Millionenbetrag als Erlös übrig bliebe: Gemessen an den fünf Milliarden Euro, die Bund und Länder im Jahr für den Straßenbau ausgeben, wäre die Entlastungswirkung gering. Experten sagen, dass jedes Jahr etwa zwei Milliarden Euro mehr in den Straßenbau gehen müssten.

Während die neue Pkw-Maut zunächst nur Ausländer treffen soll, wird die Abgabe für Lastwagen für alle deutlich ausgeweitet. Spediteure müssen für schwere Lastwagen ab zwölf Tonnen außer für die Fahrt auf Autobahnen künftig auch für Fahrten auf allen Bundesstraßen zahlen. Die Maut-Sätze sollen dabei zudem erstmals durch die Berücksichtigung von Umweltschäden steigen. Eine Ausweitung der Lkw-Maut gilt aber erst in einigen Jahren als möglich, da das satellitengestützte Erfassungssystem derzeit nicht 40 000 Kilometer zusätzlich verarbeiten kann. Erst dann könnten jährlich 2,3 Milliarden Euro zusätzlich in die Kassen fließen.