CDU-Landeschef Thomas Strobl (l.) unterhält sich mit der Bundesvorsitzenden der Frauen Union, Annette Widmann-Mauz (r.), dahinter steht der CDU-Fraktionsvorsitzende Guido Wolf. Foto: dpa

CDU-Landeschef Strobl verteidigt erfolgreich den Koalitionsvertrag. Der Weg zur Regierungsbildung ist fast frei.

Stuttgart - Baden-Württemberg lebt von seinen markanten Landschaften, seinen schönen Dörfern und Städten und von seinen Menschen.“ Von der Idylle, mit der Grüne und CDU ihren Koalitionsvertrag eröffnen, ist am Freitagnachmittag vor dem Ludwigsburger Forum nichts zu spüren. Die Landes-CDU hat zu einem für alle Mitglieder offenen Parteitag eingeladen, und neben rund 325 Delegierten, die über den Koalitionsvertrag abstimmen, sind fast noch einmal so viele gekommen. Sie alle werden mit Pfiffen und Rätschen empfangen, Beamte drücken ihnen Flugblätter in die Hand und rufen die Politiker dazu auf, dem Regierungsprogramm für die nächsten fünf Jahre nicht zuzustimmen. „Pensionskürzungen oder eine aufgehende Schere zwischen Tarifbeschäftigten und Beamten bergen hohe rechtliche Risiken“, warnt der Vorsitzende des Beamtenbundes, Volker Stich.

Protest der Beamten

Von Kürzungen für die Beamten steht zwar nichts im Koalitionsvertrag, Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) und sein künftiger Stellvertreter, CDU-Landeschef Thomas Strobl, haben aber bereits angekündigt, dass diese mit Einschnitten bei der Besoldung und den Pensionen rechnen müssen.

Dass nicht alles so kommt wie versprochen, muss Landeschef Strobl den Delegierten vermitteln. Und es gelingt ihm. Am Ende einer scharfen Diskussion stimmen 306 Delegierte für den Vertrag, 17 dagegen. Zwei enthalten sich.

In seiner 50-minütigen Rede hatte der künftige stellvertretende Ministerpräsident die Verantwortung betont, der die CDU nicht habe ausweichen können – wie dies SPD und FDP getan hätten. Nach der krachenden Niederlage der CDU am 13. März gehe es jetzt vor allem darum, aus einer schwierigen Situation etwas Vernünftiges für die Bürger zu machen. Wenn die CDU sich dieser Anstrengung verweigere, komme es zu Neuwahlen. Das verbiete sich im Blick auf die AfD. „Die darf nicht noch wachsen – wir wollen sie klein schrumpfen.“

Eine schwarze Handschrift

Der Koalitionsvertrag trage in weiten Zügen eine schwarze Handschrift, betonte CDU-Landeschef Thomas Strobl immer wieder, und manchmal hörte er sich an, als befinde er sich noch im Wahlkampf. „Wir beenden die grün-rote Ungleichbehandlung“, die Realschulen würden ebenso gut ausgestattet wie die von Grün-Rot eingeführten Gemeinschaftschulen. Auch dass künftig mehr für die Familien getan werde, sei der CDU zu verdanken. Eltern sollen ein Jahr lang 75 Euro monatlich erhalten, wenn sie ihre Kinder in den Kindergarten schicken, das Thema habe die Grünen überhaupt nicht interessiert.

Positiv schlägt auch zu Buche, dass sich die Christdemokraten beim Thema Sicherheit durchgesetzt haben: dass es 1500 zusätzliche Stellen bei der Polizei und eine bessere Ausstattung geben wird – und dass der Verfassungsschutz gestärkt wird. Thomas Strobls Fazit: „Wir haben uns nicht verbogen, wir haben Kompromisse geschlossen, aber von unseren Werten haben wir nichts preisgegeben.“

Wichtig ist Geschlossenheit

Auch Spitzenkandidat Guido Wolf warb dafür, den Vertrag anzunehmen. Es komme jetzt auf Geschlossenheit an. Nur indirekt geht er auf Warnungen aus der Wirtschaft ein, das Wirtschaftsministerium mit ihm zu besetzen. Er hänge nicht an einem Amt, sagt der Jurist und ehemalige Landrat von Tuttlingen. Er sei bereit, „sich als Minister, als Fraktionsvorsitzender oder als Landtagsabgeordneter aktiv einzubringen“.

Obwohl die CDU-Mitglieder ihre Enttäuschung und ihren Unmut über die Wahlniederlage in den vergangenen Wochen bei Kreis- und Bezirksversammlungen loswerden konnten, meldeten sich in Ludwigsburg noch einmal viele zu Wort. Wenn die CDU mit den Grünen regiere, würden diese zur neuen Volkspartei, warnte Wolfgang von Stetten, Vorsitzender der Seniorenunion Baden-Württemberg. Manche vermissen „christliche Werte“ im Koalitionsvertrag, einer warf Thomas Strobl vor, er habe nur die Highlights erwähnt, nicht aber das „Wischiwaschi“ der Grünen. Ein anderer forderte, die Landtagsabgeordneten müssten beim Sparen mit gutem Beispiel vorangehen und ihre Diäten um acht Prozent reduzieren.

Einige Kröten geschluckt

„Wir haben kein Grundsatzprogramm verabschiedet, sondern ein Arbeitsprogramm. Wir wollen nicht koalieren, sondern regieren. Wir mussten einige Kröten schlucken, aber nicht zu viele“, stellte der Landtagsabgeordnete und Bezirksvorsitzende von Nordbaden Peter Hauk klar und empfahl, den Vertrag anzunehmen. Andreas Jung, Bezirksvorsitzender der CDU Südbaden, bezeichnete diesen als Chance „zur Erneuerung und zur Modernisierung der CDU“. Das müsse sich auch bei der Besetzung der Ministerium niederschlagen.

Auf die warten alle mit Spannung, voraussichtlich Anfang nächster Woche werden Strobl und Ministerpräsident Winfried Kretschmann bekannt geben, wie das künftige Kabinett besetzt wird. Zuvor müssen aber noch die Grünen dem Koalitionsvertrag zustimmen. Sie treffen sich an diesem Samstag in Leinfelden-Echterdingen.