Über die Zukunft des Krankenhaus-Standortes Marbach im Verbund der Regionalen Kliniken-Holding wird im Laufe dieses Jahres entschieden. Foto: factum/Granville

Die Marbacher Verwaltung will in der Debatte um das Krankenhaus ein zweites Gutachten in Auftrag geben, dass auch die Möglichkeit eines Neubaus in Betracht zieht. Der Landrat und die Kliniken-Holding wollen das Erstgutachten abwarten.

Marbach - Die Zeit drängt für die Stadt Marbach. Das entscheidende Gutachten über die Zukunft des Krankenhauses wird den Kreisräten voraussichtlich im März vorgelegt. Die Marbacher Verwaltung geht davon aus, dass darin der Standort Bietigheim-Bissingen für ein geriatrischen Zentrum als kostengünstiger angesehen wird als der in der Schillerstadt. Der Bürgermeister Jan Trost will die Flinte jedoch nicht ins Korn werfen und im Vorfeld Pflöcke einschlagen: „Wir wollen das Gutachten von dritter Seite prüfen lassen“, sagte er unserer Zeitung. Er zweifle daran, dass bisher alle relevanten Kostenfaktoren berücksichtigt worden seien. Auch gebe es „begrenzte Flächenreserven“ am Bietigheimer Klinikum.

In der Vorlage für die Marbacher Gemeinderatssitzung am kommenden Donnerstag, 18. Februar, wird Trost konkret. Er zweifelt an, dass die Gutachter bei ihren Berechnungen für das altersmedizinische Zentrum in Marbach die Variante eines Neubaus berücksichtigt haben. Dafür stünde ein 6700 Quadratmeter großes Grundstück direkt oberhalb des Krankenhauses zur Verfügung. Diese Fläche habe die Stadt für eine mögliche Erweiterung stets bereitgehalten, sie gehöre zum Großteil bereits der Kliniken Ludwigsburg-Bietigheim gGmbH. Bisher sei nur ein Umbau des bestehenden Krankenhausgebäudes im Gespräch gewesen, nicht aber ein kompletter Neubau.

Der Marbacher Bürgermeister will ein zweites Gutachten

Den Urheber für einen möglichen dritten Bericht hat die Verwaltung schon ausgesucht: das Düsseldorfer Büro Jüngerkes & Schlüter. „Das Büro ist uns empfohlen worden“, erklärt Trost, der die Kosten für das Gutachten noch nicht zu beziffern vermag. Notfalls werde die Stadt das Gutachten sogar aus eigener Tasche bezahlen, kündigt er auf Nachfrage an. „Das Krankenhaus ist bei steigender Bevölkerungszahl für die medizinische Versorgung von Marbach und dem Bottwartal zu wichtig.“

Der Marbacher Rathauschef appelliert daher an den Landrat Rainer Haas, vor einer endgültigen Entscheidung in den Kreisgremien noch drei Monate zu warten. So lange würden die Zweitgutachter dann voraussichtlich noch brauchen.

Die Angst vor einer Schließung der Marbacher Klinik hatte nach dem Jahrespressegespräch mit dem Landrat im Dezember um sich gegriffen. Der Kreischef hatte die Standortwahl für die Geriatrie damals als „ergebnisoffen“ bezeichnet, nachdem Marbach von Seiten der Regionalen Kliniken-Holding (RKH) immer favorisiert worden war. Dies löste Spekulationen über ein mögliches Aus des defizitär betriebenen Standorts aus. Betroffen wären rund 130 Mitarbeiter.

Der Landkreis hat bereits das Krankenhaus in Vaihingen zu einer Tagesklinik geschrumpft. Sollte das Marbacher Krankenhaus geschlossen werden, könne auch das 2013 eröffnete, rund zwölf  Millionen Euro teure Ärztehaus nebenan „mit großer Wahrscheinlichkeit in der jetzigen Form nicht mehr weiterbetrieben werden“, argumentiert Jan Trost in der Sitzungsvorlage.

Kliniken-Holding will eine Debatte „ohne Tabus“

Emotional halte er die Ängste in Marbach für verständlich, erklärte der RKH-Regionaldirektor Matthias Ziegler. Die Pläne der Stadtverwaltung sehe er jedoch als „überstürzte Reaktion“ an. Er kenne die Gesamtergebnisse des Gutachtens nicht, allerdings gehe er aufgrund angeforderter RKH-Zahlen davon aus, „dass die Prüfung umfänglicher ist als das, was die Marbacher Verwaltung annimmt“. Wichtige Punkte wie die Versorgungssicherheit der Bevölkerung, künftige Bettenbelegungen sowie das Bevölkerungswachstum würden berücksichtigt. „Wir sollten das Gutachten erst abwarten – und dann mit der Diskussion beginnen.“ Sonst wüssten die Beteiligten nicht, worüber sie reden. Es sei noch genügend Zeit vor den wichtigen Entscheidungen.

Ziegler glaubt, dass das Ergebnis des Gutachtens nicht unbedingt nachteilig für Marbach sein muss. Er räumt aber ein, dass die Diskussion „ohne Tabus“ geführt werde. „Ich sehe für das Ärztehaus auf jeden Fall eine Zukunft“, erklärt der RKH-Regionalchef. Er halte es für eine „komfortable Situation“, dass die Belegärzte ihre Patienten in einem Krankenhaus in unmittelbarer Nähe unterbringen könnten. Es gebe aber auch Belegärzte, die für Operationen in andere Krankenhäuser fahren würden. Ob dies jedoch überhaupt einmal diskutiert werden muss, sei völlig offen.

Landrat: „Viel heiße Luft in der Diskussion“

Der Landrat Rainer Haas erklärt auf Nachfrage, er habe die Aufregung über eine mögliche Schließung des Marbacher Krankenhauses „von Anfang an nicht für angemessen gehalten“. Er habe lediglich darauf aufmerksam machen wollen, dass das Gutachten „ergebnisoffen“ sei, „das ist eigentlich eine Selbstverständlichkeit“. Allerdings sei in der Presse daraus die Aussage gemacht worden, er als Landrat stelle den Standort Marbach in Frage. Inzwischen sei aber „unheimlich viel heiße Luft“ entstanden, sagt der Chef der Kreisverwaltung.

Wie der RKH-Regionalchef Ziegler, plädiert auch Haas dafür, erst einmal das Gutachten abzuwarten und dann zu beraten. Eine Entscheidung in der Frühjahrssitzung des Kliniken-Aufsichtsrates werde wohl noch nicht fallen. „Ich kann mir nicht vorstellen, dass es so schnell geht.“ Dem Wunsch Marbachs, die Neubau-Variante im Gutachten zu berücksichtigen, sei schon entsprochen worden, versichert der Landrat. Er habe den Gutachter nach dem Vor-Ort-Termin des Marbacher Gemeinderats im Januar damit beauftragt, dies als mögliche Variante ebenfalls zu untersuchen. Zu einem möglichen Zweitgutachten wollte Rainer Haas sich nicht äußern.