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In reichen Bundesländern geraten Kliniken besonders oft in finanzielle Schwierigkeiten – diese Meinung vertreten Wirtschaftsforscher.

Stuttgart/Berlin - Trotz der angespannten finanziellen Lage der Krankenhäuser in Baden-Württemberg läuft im Südwesten vieles auch gut: Berechnet man die Krankenhauskosten pro Einwohner und Jahr, fallen sie in Baden-Württemberg am niedrigsten aus. Die aktuellsten Zahlen stammen aus dem Jahr 2010 – dort ergibt sich ein Wert von 755 Euro pro Einwohner. Den höchsten Wert gab es im Saarland mit 1040 Euro. Und bei der Inanspruchnahme von Krankenhausleistungen steht das Land mit 14 Prozent weniger Fällen als der deutsche Durchschnitt so gut wie kein anderes Bundesland da.

Dafür, dass aber dennoch im Südwesten besonders viele Kliniken von der Insolvenz bedroht sind, hat Boris Augurzky vom Rheinisch-Westfälischen Institut für Wirtschaftsforschung (RWI) eine überraschende Erklärung. Das hänge nämlich auch mit dem relativen Reichtum der Region zusammen, sagt er. „Reiche Städte und Gemeinden halten ihre kleinen Kliniken länger am Leben. Sie können sich das eben leisten.“ Nur ist das auf Dauer eben kein tragfähiges Konzept. Der Trend geht deshalb bundesweit zur stärkeren Spezialisierung von Kliniken. Das ist ökonomischer, weil teure Apparate so besser ausgelastet werden. Es ist aber wohl auch medizinisch sinnvoll, weil bei den Fachmedizinern aufgrund einer bestimmten Fallzahl ein aus Erfahrung resultierendes Expertenwissen entsteht. „Die Indizien sprechen dafür, dass Spezialisierung auch zu Qualitätsverbesserungen führt“, heißt es im aktuellen Krankenhaus-Rating-Report des RWI. AOK-Vorstand Uwe Deh sagt, er könne anhand von Abrechnungsdaten der AOK zeigen, dass „in Krankenhäusern mit niedriger Fallzahl Komplikationen häufiger sind“. Spezialisierung bedeutet aber oft auch das Zentren gebildet werden, und das befeuert zusätzlich die Debatte um Schließungen. Da kommt ein Patienten-Argument ins Spiel – weite Wege. Der RWI-Report dazu: „Vermutlich wären Patienten auch bereit, größere Distanzen zum Krankenhaus auf sich zu nehmen, wenn sie dadurch eine bessere Behandlungsqualität und besseren Service erwarten könnten.“ Die Kassen dringen jedenfalls nachdrücklich auf Spezialisierungen.

Krankenkassen wollen gute Kliniken belohnen

Sie wollen nachweislich gute Kliniken künftig gezielt belohnen dürfen. „Es muss Krankenkassen künftig möglich sein, qualitativ gute Kliniken besser zu bezahlen, dafür aber andere gar nicht“, sagt AOK-Vorstand Deh. Die Forderung, dass alle Häuser schwarze Zahlen schreiben müssten, heiße nur, „dass die Beitragszahler alle Überkapazitäten und ineffiziente Strukturen teuer alimentieren“. Der Druck auf die kleinen Kliniken im Südwesten bleibt bestehen. Das sieht auch die zuständige Ministerin Katrin Altpeter (SPD). Sie weist darauf hin, dass „kleine Krankenhausstandorte das Problem haben, dass sie von der Bevölkerung des Einzugsgebiets bei planbaren Behandlungen häufig nicht aufgesucht werden“. Zudem hätten diese Häuser „Schwierigkeiten, geeignetes qualifiziertes Personal zu finden“.

Den Schlüssel sieht sie bei der „für die bestehenden Betriebsstrukturen nicht auskömmlichen Gegenfinanzierung“. Das habe zur Folge, dass die Träger, wie derzeit in Oberschwaben, die Betriebsstellen auf den Prüfstand stellten. Altpeter: „Ich habe für diese Überlegungen Verständnis, sind sie doch den aktuellen Rahmenbedingungen geschuldet.“ Dort, wo das Land zuständig ist, bei den Investitionskosten, habe die Landesregierung reagiert und trotz Sparhaushalts mehr Mittel zur Verfügung gestellt.