Roland Bernhard glaubt an die Zukunft der Medizinkonzeption. Foto: factum/Granville

Der Landrat Roland Bernhard kritisiert die Äußerungen des AOK-Chefs Christopher Hermann zu Klinikschließungen.

Böblingen - Zwei Paukenschläge erschütterten die Krankenhauslandschaft gleich zu Beginn des Jahres. Der Sozialminister Manfred Lucha sagte ein Sterben kleiner Kliniken im Land voraus. Und der Landeschef der Krankenkasse AOK, Christopher Hermann, stellte öffentlich sogar explizit die Existenz der Leonberger Klinik infrage. Keine einfache Situation für den Böblinger Landrat Roland Bernhard, der zum Jahreswechsel wieder den Aufsichtsratsvorsitz im Klinikverbund Südwest übernommen hat.

Herr Bernhard, müssen Sie nun die Kliniken in Herrenberg und Leonberg schließen?
Ich halte die Aussage des AOK-Chefs für ein Missverständnis. Ich war überrascht, dass überhaupt Standorte genannt wurden. Das ist unüblich. Wir haben eine schlüssige Medizinkonzeption, die neben der Flugfeldklinik als Zentralklinik die beiden Häuser in Leonberg und Herrenberg als Kliniken der Basisversorgung vorsieht. Dieses Konzept ist mit allen Beteiligten abgestimmt, übrigens auch mit den Krankenkassen. Ich werde Herrn Hermann zu einem Gespräch einladen und ihm unser Medizinkonzept näher erläutern.
Aber auch der Sozialminister Lucha hat sich entsprechend geäußert.
Herr Lucha hat allgemein gesprochen, keine Namen genannt. Und er spricht davon, dass jede fünfte Klinik wegfallen könnte. Diese Quote erfüllen wir. Wenn wir die Flugfeldklinik eröffnen, schließen wir zwei Krankenhäuser in Böblingen und in Sindelfingen. Unser Medizinkonzept mit künftig drei statt vier Standorten im Kreis Böblingen und weiterhin zwei Standorten im Kreis Calw ist gelobt worden, weil wir eine landkreis- und standortübergreifende Konzeption vorgelegt haben.
Aber dieses Lob haben Sie erhalten, als Frau Altpeter noch Ministerin war. Gilt die Zusage zum Konzept auch unter der neuen Landesregierung?
Das Lob kam vom Sozialministerium. Wir haben die Zusage für dieses Konzept erhalten und sind dabei, es umzusetzen. Darauf setzen wir. Man kann doch nicht ein mühsam erarbeitetes Medizinkonzept über den Haufen werfen und jedes Jahr aufs Neue über die Schließung einer Klinik reden. So kann man nicht verlässlich Politik machen. Im Übrigen fördert die Landesregierung auch die neue Intensivstation am Leonberger Krankenhaus. Sie investiert dort 2,2 Millionen Euro. Das würde sie wohl kaum tun, wenn das Haus geschlossen werden soll.
Und gilt die Zusage des Ministeriums auch noch für die Förderung des Baus der neuen Flugfeldklinik?
Wir haben mit Herrn Minister Lucha geredet. Wir gehen fest davon aus, dass er sich an das Medizinkonzept hält. Eine genaue Fördersumme ist noch nicht festgelegt; das wäre auch noch zu früh.
Mit wie viel Geld rechnen Sie?
Wir gehen von 50 Prozent Zuschuss aus, entsprechend den Förderbestimmungen.
Für die Gesamtkosten?
Nein, von den anrechenbaren Kosten. Wir rechnen mit Baukosten von insgesamt 423 bis 452 Millionen Euro. Wie viel davon anrechenbar sind, können wir erst sagen, wenn die Bauplanung steht. Dieses Jahr steht zunächst die Architektensuche an.
Nun hat sich in den vergangenen Monaten eine Initiative gegen den Standort Flugfeld für die neue Klinik entwickelt. Kann diese den Bau noch stoppen?
Nein, ich glaube nicht. Wir haben uns mit den Argumenten auseinandergesetzt und sie widerlegt. Wenn neue Argumente auftauchen, werden wir uns damit beschäftigen. Wir stehen erst am Anfang der Planungen. Ich hoffe, dass wir einige der Kritiker noch für das Projekt gewinnen können.
Die Gegner befürchten, dass die Kosten explodieren und der Bau sich um Jahre verzögern könnte.
Wir haben drei Ziele bei der Flugfeldklinik: hohe Qualität sichern, Kostenrahmen einhalten sowie Zeitziel erreichen. Wir wollen die Klinik in 2024 eröffnen.
Das wäre Ihr letztes Jahr als Landrat.
Das trifft zu. Ich möchte dieses Projekt gerne bis zum Ende begleiten.
Wie kommen Sie mit dem neuen Geschäftsführer des Klinikverbunds, Herrn Noetzel, aus?
Sehr gut. Herr Dr. Noetzel als medizinischer Geschäftsführer und Herr Loydl als kaufmännischer Geschäftsführer bilden ein gutes Team. Eine wichtige Aufgabe der Geschäftsführer ist es, das Betriebskostendefizit zu bremsen. Im vergangenen Jahr ist das Defizit wieder verbundweit auf rund 20 Millionen Euro gestiegen. Die Geschäftsführung wird im Frühjahr eine Stärken-Schwächen-Analyse vorlegen. Auf dieser Basis werden wir darüber sprechen, wie wir das Defizit in den Griff bekommen, ohne die Qualität anzutasten. Ich bin zuversichtlich, dass dies gelingen wird.