Wird die Erde durch den Klimawandel wärmer und trockener, werden ganze Gebiete nicht mehr bewohnbar sein. Flucht und Konflikte um Ressourcen können die Folge sein. Foto: EPA

Dürreperioden, Wirbelstürme und Überschwemmungen: Durch den Klimawandel werden extreme Wetterereignisse immer häufiger. Das hat nicht nur Folgen für die Umwelt, sondern auch für Sicherheit, Armut und Frieden weltweit.

Berlin/Tübingen - Vielleicht hat der Klimawandel einen nicht unwesentlichen Beitrag geleistet zum Ausbruch der Unruhen in Syrien, damals 2011. Dem Bürgerkrieg ging eine extreme, jahrelange Dürreperiode voraus, die mit Ernteeinbußen, steigenden Lebensmittelpreisen und Landflucht einherging. Vermutlich, sagen daher Wissenschaftler wie Colin Kelley von der University of California, hat dies die Unzufriedenheit und soziale Unruhe im Land verstärkt – und damit die Proteste und letztlich den Konflikt befeuert.

Der Klimawandel verschärft die Wetterlage weltweit – das gilt inzwischen als wissenschaftlich erwiesen und seit diesem Montag Thema des 21. Weltklimagipfels in Paris. Hitzewellen, Dürreperioden, Überschwemmungen und Sturmkatastrophen werden häufiger, zeigte zum Beispiel der Weltklimarat IPCC in seinem jüngsten Bericht. So verschärft der Klimawandel Wassermangel, Nahrungsmittelknappheit und Konflikte um Ressourcen.

„Warum dies ein Problem für die internationale Sicherheit ist, kann man gut am Beispiel Syrien sehen“, sagt Lukas Rüttinger, Projektmanager beim Berliner Forschungs- und Beratungsinstitut Adelphi. „Das Regime reagierte nicht ausreichend auf die Nahrungsmittelkrise und es kam zu den ersten Protesten, die später in den Bürgerkrieg eskalierten.“ Syrien sei daher ein Warnsignal, sagt Rüttinger – ein Vorbote der Krisen von Morgen.

Der Klimawandel kann soziale Unruhen und gewalttätige Konflikte verstärken

Von Klimakriegen könne man trotzdem nicht sprechen, sagt der Diplom-Politologe. Wissenschaftler bezeichnen ihn vielmehr als „Risikomultiplikator“: Als ein Faktor, der nicht unmittelbar zu Kriegen oder Konflikten führt – der aber dazu beitragen kann. „Der Klimawandel erhöht zusammen mit anderen Stressfaktoren die Fragilität von Staaten weltweit, er kann soziale Unruhen und gewalttätige Konflikte verschärfen“, sagt Rüttinger. Vor allem dort, wo sie auf schwache Regierungen, instabile Strukturen und große Armut treffen.

Erst vor Kurzem warnte die Weltbank in einer Studie, dass die Folgen des Klimawandels die Zahl der weltweit in Armut lebenden Menschen drastisch erhöhen werde – 100 Millionen Menschen könnten durch Folgen der Erderwärmung in den kommenden 15 Jahren zusätzlich in die Armut getrieben werden, vor allem in Afrika und Südostasien. Eine erschütterte Landwirtschaft, steigende Lebensmittelpreise und eine schnellere Ausbreitung von Krankheiten wären solche Folgen, heißt es in dem Bericht – die Konsequenz könnten Ressourcenkonflikte und steigende Migrationsströme sein.

Einige Politiker gehen in ihren Annahmen sogar  noch weiter. Im September sprach US-Präsident Barack Obama davon, dass Klimawandel zu politischer Instabilität beitragen könne – und somit den Nährboden für Radikalisierung und Terrorismus schaffe. Von einer „Bedrohung für Frieden und Sicherheit“ sprach der französische Außenminister Laurent Fabius im Frühsommer diesen Jahres. Der Klimawandel könne das wirtschaftliche Gleichgewicht vieler Länder erschüttern, und massive Migrationsbewegungen aus unbewohnbaren Gegenden würden vor allem die sowieso schon über bevölkerten Gegenden treffen.

Klimapolitik und Klimaschutz sind auch Entwicklungspolitik

Dass der Klimawandel Armut verstärkt und viele Gegenden der Welt unbewohnbar macht, nimmt auch Lukas Rüttinger an. Maßnahmen, um dem entgegenzuwirken, müssten daher über konkreten Klimaschutz hinausgehen, fordert er: „Konkret heißt das zum Beispiel, dass wir Anpassungsmaßnahmen mit Konflikt- und Krisenprävention verbinden müssen.“ Statt reinen Klimaschutzmaßnahmen wie der Minderung von Treibhausgasemissionen müsse man daher verstärkt auf Entwicklungspolitik setzen und ärmere Länder bei der Anpassung an Klimafolgen unterstützen.

Bei den Verhandlungen zu einem neuen Klimaschutzabkommen in Paris werden Sicherheitsbedenken wohl eine große Rolle spielen – nicht zuletzt vor dem Hintergrund der Terroranschläge in Paris. Doch zu viel Alarmismus kann auch problematisch sein, warnt Thomas Diez, Professor für internationale Beziehungen an der Universität Tübingen. Den Klimawandel als eine Bedrohung für Sicherheit und Frieden darzustellen, könne auch politische Strategie sein – zum Beispiel, um besondere Aufmerksamkeit für das Thema zu erzeugen und bestimmtes Handeln zu provozieren. „Der Klimawandel hat mit Konflikten sicher etwas zu tun“, sagt Diez. „Aber eben nicht nur. Ihn einseitig als Sicherheitsbedrohung darzustellen, könnte überzogene Maßnahmen hervorrufen.“

Das zeige sich am Beispiel der USA, sagt Diez: Dort war in den vergangenen Jahren immer wieder die Rede vom Klimawandel als Gefahr für die nationale Sicherheit. Anpassungen gab es in der Folge vor allem im militärischen Bereich – bis hin zur Aufrüstung. Drastische Maßnahmen zur Senkung von Treibhausgasemissionen aber blieben weitgehend aus, zeigt der Wissenschaftler in einer Untersuchung. „Der Klimawandel hat aber zunächst einmal Folgen für die Umwelt“, sagt Diez. Und solche Effekte könne man eben nicht mit militärischen Mitteln abschwächen, sondern nur mittels Klimaschutz und weniger CO2-Ausstoß.