In der Diskussion: Wie soll Deutschland seine Ziele beim Klimaschutz erreichen? Foto: Lichtgut/Max Kovalenko

Droht alten Kohlekraftwerken das Aus? Wirtschaftsminister Gabriel ruft Konzernchefs nach Berlin.

Berlin/Stuttgart - Berlin/Stuttgart - Seit Wochen tobt zwischen der Bundesregierung und der Energiewirtschaft eine Debatte um die Frage, wie Deutschland seine Ziele beim Klimaschutz erreichen kann und welchen Beitrag die großen Energieversorger dazu leisten sollen. Vor allem die Frage, wie der CO2-Ausstoß reduziert werden kann, steht dabei im Mittelpunkt der Diskussionen.

Nun wagt Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) einen neuen Anlauf zur Lösung des Problems. Informationen unserer Zeitung, wonach Gabriel für diesen Montag die Spitzen der großen Energiekonzerne nach Berlin eingeladen hat, wurden Sonntagnachmittag aus Kreisen der Energie Baden-Württemberg (EnBW) bestätigt. „Das ist ein hochvertrauliches Treffen“, hieß es, ohne dass Einzelheiten bekannt wurden.

Fakt ist, dass die Zeit drängt, wenn Deutschland die Klimaziele 2020 nicht komplett verfehlen will. Das Problem: Die bisherigen Versuche, die große Konzerne RWE, Eon, EnBW und Vattenfall ins Boot zu holen, sind gescheitert. In einem ersten Schritt war geprüft worden, dass Meiler mit einer Gesamtleistung von zehn Gigawatt stillgelegt werden. Das scheiterte aber genauso wie die Variante, dass schärfere Grenzwerte festgelegt werden, auf dass manches Kohlekraftwerk gar nicht mehr am Netz bleiben kann. Doch dagegen wehrten sich vor allem die Energieriesen wie RWE als Betreiber von Braunkohlekraftwerken.

Nun will Gabriel einen dritten Versuch starten und die Stromkonzerne offenbar zur Einhaltung ihrer Klimaschutzziele zur Schließung von Kohlekraftwerken zwingen. Das Konzept aus dem Bundeswirtschaftsministerium sieht vor, dass die Versorger bis 2020 mindestens 22 Millionen Tonnen Kohlendioxid (CO2) einsparen müssen. Dies könnte das Aus für etwa acht alte Kohlemeiler bedeuten. Gabriel will über diesen Weg an diesem Montag mit den Energiekonzernen, darunter auch die EnBW und ihr Vorstandschef Frank Mastiaux, in Berlin verhandeln.

Ob es zu einer Lösung kommt, halten Experten für fraglich. Grund: Die Einsparmenge soll auf alle Kraftwerke gleichmäßig verteilt werden. Allerdings sollen die Versorger die Menge auf einzelne Anlagen konzentrieren, sie gleichmäßig verteilen oder auch zwischen ihren Kraftwerken übertragen können. „Damit wird ihnen ein Maximum an Flexibilität gewährt“, heißt es. Dennoch gibt es Kritik an dem Plan, gerade aus der EnBW. Der ohnehin durch den Kernkraftausstieg stark gebeutelte Karlsruher Energiekonzern müsste weitere Belastungen hinnehmen, obwohl er im Vergleich zu den anderen Energieunternehmen deutlich „weniger Dreckschleudern betreibt“, wie es ein Experte umschreibt: „Ein solches Ungleichgewicht darf es nicht geben.“

Aber der Druck zum Handeln ist da. Eigentlich soll der deutsche CO2-Ausstoß bis 2020 gegenüber 1990 um 40 Prozent geringer ausfallen. Die Lücke entspricht 62 bis 100 Millionen Tonnen CO2, die im Jahr gespart werden müssen. Gabriel hatte jüngst erklärt, er sei gegen eine zwangsweise Abschaltung. Man müsse an Jobs, Versorgungssicherheit und Strompreise denken. Die Konzerne, so wird vermutet, dürften mit Milliardenklagen drohen, falls sie Kraftwerke ohne Entschädigung schließen müssten.