Schwachstelle Bahnhofstraße Esslingen: Wer sein Fahrrad liebt, der schiebt Foto: Horst Rudel

Sie fühlen sich von den Autofahrern an den Rand gedrängt und von den Stadtoberen im Stich gelassen – das zumindest ist die Eigenwahrnehmung der Radfahrer in Esslingen. Jetzt haben sich die Pedaleure vor Ort zum Bündnis „Esslingen aufs Rad“ zusammengeschlossen.

Esslingen - Dass des Radlers Leid nicht nur der Einbildung entspringt, zeigt das Abschneiden der Stadt im Fahrradklimatest des Allgemeinen Deutschen Fahrradclubs (ADFC). In der aktuellen Rangliste vergleichbar großer Städte in Baden-Württemberg landet Esslingen auf dem letzten Platz. Um das zu ändern, haben sich die Pedaleure vor Ort zum Bündnis „Esslingen aufs Rad“ zusammengeschlossen.

Mitglieder des Bündnisses sind die lokalen Ableger des ADFC, des Verkehrsclubs Deutschland (VCD), der Fahrradbewegung Critical Mass Esslingen, des Stadtradeln-Teams, von Bündnis 90/Die Grünen und von der ÖDP. Rund 30 der Streiterinnen und Streiter für ein fahrradfreundlicheres Klima in der Stadt haben sich des fahrradunfreundlichen Klimas über der Stadt zum Trotz am Samstag in den Sattel geschwungen, um auf die Schwachstellen im Esslinger Radwegenetz hinzuweisen.

„Ich habe im Jahr 1991 die erste Fahrrad-Demo in Esslingen organisiert. Als ich das jetzt nach 25 Jahren wieder gemacht habe, dachte ich, ich hätte ein Déjà-vu-Erlebnis“, bekannte der Grünen-Stadtrat Jürgen Menzel vor dem Start der Radrunde. Damals wie heute bewege sich das Fahrrad als Verkehrsmittel nicht auf Augen-, sondern allenfalls auf Randsteinhöhe. Wenn sich seither etwas getan habe, dann nur Stückwerk. Der große Wurf, die gefahrlose und barrierefreie Erreichbarkeit des Stadtzentrums von allen Seiten, sei ausgeblieben. Dabei liegt es der Einschätzung des radelnden Rats zufolge keinesfalls am fehlenden Geld. „Es fehlt ein schlüssiges Gesamtkonzept. Die Stadtplaner haben die Radfahrer einfach nicht auf dem Schirm“, sagt Menzel.

Vor allem auf den Hauptachsen in der Tallage fehlt es der Fahrradgemeinde an geschütztem Raum. So steht eine durchgehende Radverbindung von Oberesslingen durch die Innenstadt über den neuen Bahnhofsvorplatz hinaus in die Weststadt bis nach Mettingen ganz oben auf der Prioritätenliste des neuen Bündnisses.

Auch wenn im Esslinger Gemeinderat nicht sofort am großen Rad gedreht werden wird, hat die Lobbyarbeit schon Wirkung gezeigt. Im Technischen Ausschuss des Gemeinderats herrschte jüngst Einigkeit, dass die Radwegeführung verbesserungswürdig sei. Das Thema, meinte OB Jürgen Zieger, sei in der Vergangenheit stiefmütterlich behandelt worden – vielleicht auch, weil die steilen Hänge rechts und links des Neckars im Vor-E-Bike-Zeitalter nicht nur die Waden, sondern auch die Köpfe gelähmt habe.