So schön der Sonnenschein derzeit ist, für die Natur und die Landwirtschaft haben die hohen Temperaturen und der fehlende Niederschlag Folgen. Foto: Lichtgut/Volker Hoschek

Dieses Jahr ist besonders trocken, die Temperaturen liegen über dem Durchschnitt – auch im November. Das bestätigen die Daten der Hohenheimer Wetterstation. Die Landwirte vor Ort könnten das im Frühjahr zu spüren bekommen.

Filder - Fledermäuse und Wildbienen, die im November noch fliegen, Igel, die noch durch Gärten stöbern, statt sich für den Winter in einen Laubhaufen zurückzuziehen, und Bäume und Sträucher, die bereits wieder Blüten ausbilden – das Wetter scheint die Natur Kopf stehen zu lassen. „Dieses Jahr war extrem trocken“, sagt Hans-Stefan Bauer vom Institut für Physik und Meteorologie der Uni Hohenheim. Die Temperaturen lägen ebenfalls meist über dem Durchschnittswert. Die erhebt das Institut übrigens selbst. Es verfügt über eine eigene Wetterstation auf der Filderebene.

„Im September etwa sind nur 24 Millimeter Regen pro Quadratmeter gefallen, der langjährige Mittelwert liegt bei 54 Millimetern, also mehr als doppelt so hoch“, sagt Bauer. In den Vormonaten habe es ähnlich ausgesehen. „Das ist schon ungewöhnlich wenig Niederschlag.“ Was die hohen Temperaturen betrifft, sei das allerdings bereits 2014 so der Fall gewesen. „Auch da hatten wir Anfang November noch um die 15 Grad Celsius“, sagt Bauer. „Ob 2015 die Temperaturen vom Vorjahr toppen kann, wird sich noch zeigen. Der November jedenfalls ist bereits auf einem guten Weg.“

Die Trockenheit lässt Wasserpegel sinken

„Das ist recht ungewöhnlich, aber nicht beängstigend“, sagt Hannes Huber vom Naturschutzbund Baden-Württemberg (Nabu). „Unserer Einschätzung nach ist das noch recht entspannt. Man muss schauen, wie sich das Wetter weiter entwickelt.“ Es könne passieren, dass die Knospen der Bäume, die bereits jetzt austreiben, bei plötzlichem Frost erfrieren, auch bei den Insekten könne es zu Verlusten kommen. „Aber vermutlich nicht in einem Ausmaß, dass einem Sorgen bereiten muss“, so Huber.

„Die Trockenheit ist eher ein Problem“, sagt Huber. Bereits das ganze Jahr sei sehr trocken gewesen. „Das könnte gerade für die Wälder Folgen haben, etwaige Schäden zeigen sich allerdings erst in den Folgejahren.“ So könne es sein, dass Fichten eher anfällig werden für den Borkenkäfer. „Das muss aber nicht so sein, das wird sich in den nächsten Jahren zeigen“, so Huber. Aufgrund der Trockenheit sinken auch die Wasserpegel in Flüssen und natürlichen Reservoirs. „Normalerweise sollten die Pegel nach trockenen Sommern im Herbst wieder aufgefüllt werden, aber das war bislang nicht der Fall“, sagt er. Warme und trockene November habe es schon früher gegeben. Die Natur komme meist gut damit klar. „Noch besteht kein Grund zur Sorge. Aber wenn ich mir etwas wünschen dürfte, dann dass es regnet“, sagt Huber.

Schäden in der Landwirtschaft zeigen sich erst im Frühjahr

Auch für die Landwirtschaft hat das warme und trockene Wetter Folgen. „Wenn es kalt wird, stellen die Pflanzen wie beispielsweise der Raps ihr Wachstum ein, um über den Winter zu kommen“, sagt Axel Brodbeck, der landwirtschaftliche Obmann Möhringens. „Das ist bislang nicht der Fall.“ Sind die Pflanzen zu groß, erfrieren die Triebe, die Pflanze braucht mehr Energie im Frühjahr, um neue Triebe auszubilden. „Es wird Zeit, dass die Pflanzen zur Winterruhe kommen“, so Brodbeck. Die Folgen für kommende Ernten seien aber noch nicht absehbar. „Wir müssen abwarten, wie der Winter wird.“ Das gelte auch für Schädlinge, die normalerweise über den Winter erfrieren. Noch seien diese recht mobil. Doch auch hier müsse man warten bis zum Frühjahr, um zu sehen, ob das Wetter Folgen für die Ernte hat.

Christoph Simpfendörfer, der mit seiner Frau Dorothea den Reyerhof in Möhringen betreibt, hat Sorgen wegen des ausbleibenden Regens. „Das Drama ist die Trockenheit. Es muss regnen, damit sich die Wasserspeicher in den Böden wieder auffüllen können“, so Simpfendörfer. Das sei wichtig in Hinblick auf die kommende Saison. Die warmen Temperaturen seien weniger ein Problem. „Die Saison ist bereits vorbei, die Wärme hat also kaum Folgen für unser Gemüse“, sagt Simpfendörfer.

Einige heimische Getreidesorten brauchen die Kälte

„Wir haben die Saat bereits ausgebracht, der Winterweizen etwa hat bereits gekeimt“, sagt Rudolf Raff, Landwirt aus Degerloch. „Aber durch die Trockenheit ist er auf dem gleichen Stand wie vor zwei Wochen. Wir haben hier keine Möglichkeiten für eine Beregnung der Felder.“ Sorgen um die Ernte der nächsten Saison macht sich Raff bislang keine. „Man kann noch nicht sagen, wie sich die Saat entwickeln wird“, so der Landwirt.

Der Hohenheimer Meteorologe Hans-Stefan Bauer erkennt in den Daten einen langfristigen Trend. Über einen Zeitraum von vielen Jahren sei zu beobachten, dass das Klima immer wärmer und trockener wird. Das kann laut Bauer dazu führen, dass Landwirte künftig umdenken müssen, weil manche Arten nicht mehr wachsen können. „Sorten wie Winterweizen und -gerste brauchen kalte Temperaturen“, sagt Bauer.