Sammeln ist wie Tagebuch führen in der Galerie Rainer Wehr, Alexanderstraße 53, Di bis Fr 14.30 bis 18.30 Uhr, Sa 11 bis 14 Uhr Foto:  

Ausstellung der Woche
Der Stuttgarter Galerist Rainer Wehr breitet sein privates Kleinskulpturen-Panorama aus

Stuttgart - Was macht ein Galerist, wenn er einen Fehler macht? Er sammelt Kunst. Die alte Regel wird zu oft durchbrochen, um noch gelten zu können. Der Stuttgarter Galerist Rainer Wehr, inzwischen 35 Jahre im Geschäft und gerne mal als Entdecker gehandelt, hat das Problem auf seine Weise gelöst: Der Sammler Wehr war vor dem Galeristen Wehr – und ein Sammler mag die Richtung wechseln oder das Thema, das Sammeln selbst aber stellt er nicht in Frage.

„Sammeln ist wie Tagebuch führen“, heißt denn auch die Schau, in der Wehr seine persönliche Schatzkammer öffnet. Denn natürlich ist der Privatsammler, der da „Kleinskulpturen aus 50 Jahren“ vorführt, der Galerist selbst. Eine Antwort auf die Internationale Triennale Kleinplastik, die, von Susanne Gaensheimer, Leiterin des Museums Moderner Kunst in Frankfurt verantwortet, am 11. Juni eröffnet wird?

Eine gewollte Verbindung darf man sehen, weit mehr aber muss man das Wort „Tagebuch“ ernst nehmen. Eigentlich erlebt man einen Briefwechsel – zwischen Wehr und der Kunstszenerie der vergangenen 50 Jahre. Für Unkundige ist es ein durchaus heiterer Parcours, der noch einmal deutlich macht, was den doch öffentlich durchaus ernster Malerei verschriebenen Galeristen am Hintersinn etwa von Albert Hien oder auch den Fiilderbahnfreunden Möhringen interessiert. Kundige gehen mit den fast im Stil von Mitbringseln präsentierten Arbeiten eigene Wege zur Kunst zurück. Ausstellungen werden noch einmal besucht, für gut befundene Projekte neu bestätigt. Die schönsten Stücke? Stammen von Liam Gilick, Imi Knoebel, Günther Förg, von Ayse Erkmen oder auch von Justyna Giermakowska & Olga Sitner, dazu passt das eindringlichste Lehrstück eines Farbkasten von Robert Ryman mit der Anleitung einer Avantgarde zum Selbermachen .

Mitnehmen lässt sich das, was einst „ganz vorne“ war, größenmäßig auf jeden Fall, und wer sehen kann, lässt einen Objektbaukasten von Christian Wulffen nicht im Glasregal liegen. Da darf der Gegenton der Antikunst nicht fehlen, und so liegt auch die einst von Wolfgang Max Faust mit edierte „Endart“-Mappe bereit, wartet auch eine „Oscar“-Statue, die der Maler Petr Hrbek einst für den Gestalter Kurt Weidemann geschaffen hatte, auf Interesse, sprich, auf einen Käufer. Die wiederum sollten sich allein schon für die Schau in der Schau versammeln – ein fabulöses Albert-Hien-Panorama. Zeigt sich dann der Sammler selbst mit einer Konzept-Skulptur von Tobias Rehberger, sind so ziemlich alle Regeln der Annäherung an eine doch auf ganz andere Weise konsequente Galeriearbeit gebrochen. Und dies wiederum ist wohl tatsächlich der Sinn des Ganzen: die von Martin Kippenberger einst beschworene „Freie Sicht aufs Mittelmeer“, eine Klärung der Dinge. Ein Sammelsurium? Natürlich! Aber eines, das es in sich hat.