2016 geht es in Fellbach um „Food“, bei der Kleinplastik-Triennale dann zu sehen: Po-chih Huang, „Lemon Tree“. Foto:  

Susanne Gaensheimer, Leiterin des Museums für Moderne Kunst in Frankfurt, überrascht als Kuratorin der 13. Triennale Kleinplastik in Fellbach 2016 mit einem Ausstellungskonzept, das regionale und globale Bezüge vieldeutig verbindet.

Eine Kleinplastik war es sicherlich nicht, was Gordon Matta Clark zwischen 1971 und 1974 in Soho, Manhattan, realisierte: Gemeinsam mit anderen Künstlern eröffnete er im damaligen Szeneviertel ein Lokal, das zum Schauplatz von Kunstaktionen und zugleich, aus heutiger Sicht, zum Trendsetter der Gastrobranche wurde.

Inmitten der Hochzeit des Fast Foods servierten Künstler hier internationale Gerichte, kochten einfallsreich, global und sogar schon vegetarisch in einer offenen Küche. Eine Kleinplastik ist auch Robert Franks Film „Food“ nicht, der die New Yorker Langzeitinstallation dokumentiert – aber dieser Film wird zu sehen sein in der Fellbacher Kelter. Als Folie, wie Susanne Gaensheimer sagt, als Bezugspunkt und Beispiel. Er schafft die knappe zeitgeschichtliche Perspektive von rund 40 Jahren, die den Hintergrund für die Arbeiten heutiger Künstler bildet.

Denn Essen, Nahrung, „Food“, ist ein Thema, das unendlich weit zurückverweist und das in der Geschichte und Kunstgeschichte immer schon seinen Platz hatte – als Stillleben, ein Thema, in dem sich Gesellschaft, Kultur, Politik, Ökonomie bündeln. Und eines, das an Bedeutung gewinnt: Die Frage, wer zu essen hat und wer nicht, wie der Hunger von Milliarden gestillt, wie mit Ressourcen umgegangen werden soll, stellt sich heute mit neuer Schärfe.

In der Alten Kelter spiegelt sich Globales im Lokalen

Die Alte Kelter Fellbach, ein Gebäude von ursprünglich landwirtschaftlicher Nutzung, erscheint dabei als ein Ort, an dem sich die große Frage in lokaler Historie spiegeln kann. „Ich hatte mir zu diesem Thema bereits Gedanken gemacht“, sagt Susanne Gaensheimer; die Einladung, die Triennale Fellbach zu gestalten, kam wie gerufen.

Nur wenige Werke, die aus der Sammlung des Museums für Moderne Kunst (MMK) in Frankfurt stammen, das Susanne Gaensheimer seit 2009 leitet, werden in der Fellbacher Kelter zu sehen sein. Einen großen Teil der Arbeiten bezieht die Kuratorin direkt aus den Ateliers der Künstler. In wiederum wenigen Fällen wurden Galerien zu Kooperationspartnern, vor allem dann, wenn Fragen des Transports und seiner Finanzierung gelöst werden mussten. Die Karlsruher Galerie Meyer Rieger spielt hier eine Rolle, im Fall des Künstlers Pierre Huyghe die Berliner Galerie Esther Schipper.

Die Künstlerliste, die Susanne Gaensheimer in dieser Woche im Fellbacher Rathaus vorstellte, umfasst bislang 31 Namen. Künstler, die in aller Welt zu Hause sind: im Iran, in der Türkei, den USA, Ungarn, Marokko, der Schweiz, Großbritannien, Kuba, Dänemark, Indien, Mexiko, Taiwan, Frankreich, Brasilien, Kanada, Japan, Argentinien, Belgien, dem Kosovo.

Künstlerliste ist so international wie noch nie

So deutlich international ausgerichtet war die Fellbacher Triennale nie zuvor, nie zuvor wartete sie mit mehr Künstlern auf, deren Werke am Ort noch nicht gezeigt wurden. Auch der Berliner Björn Braun, Stipendiat der Kunststiftung Baden-Württemberg 2011, gehört zu Susanne Gaensheimers Auswahl; er verflicht die Natur mit der Präsenz des Menschen: Fasern, Federn, Plastik. Stuttgart derweil wird in Fellbach allein durch Andrea Büttner vertreten sein: Sie zeigt einen Tisch, gedeckt mit Karten, Naturmaterialien, einem Bild des Hungers.

Tue Greenfort aus Dänemark hat eine Meduse aus Glas geschaffen; Subodh Gupta aus Indien belegt einen Nähtisch mit Mangofrüchten. Der Taiwanese Po-Chih Huang verknüpft Natur und Konsum in einer Installation; Latifa Echakhch aus Marokko versinnbildlicht den langen Weg des Wassers und präsentiert einen kleinen, zerknüllten Erdball.

Wie Nahrung verkauft und verpackt wird, ihr kommerzielles Gesicht, ist ein wiederkehrendes Thema, aber auch die Verwandlung der Natur durch den Menschen wird sichtbar gemacht. Und Zubereitungen, regionale Essenskulturen werden ebenfalls reflektiert: Ein Sortiment seltsamer Törtchen wird Teil der Triennale sein, Banu Cennetoglu aus Ankara sammelte Hunderte von Spirituosen kleiner Brennereien in Fläschchen, um die Vielfalt einer Produktion abseits der Masse zu thematisieren. Adrian Rast schließlich, ein Absolvent der Kunsthochschule Luzern, hat eine Installation aus unzähligen Einmachgläsern zusammengestellt, ein Statement gegen die Wegwerfgesellschaft.

Die Fellbacher Kelter war selbst Umschlagplatz für Nahrungsmittel, in ihr befindet sich heute noch ein Museum zum Weinbau, das während der Triennale geöffnet bleibt. „Wir überlegen, ob wir bei der Gestaltung der Triennale Strukturen eines Marktes aufgreifen sollen“, sagt Susanne Gaensheimer. Noch ist das eine Idee.

Die 13. Triennale Kleinplastik Fellbach wird am 11. Juni 2016 in der Alten Kelter (Untertürkheimer Straße 33) eröffnet und ist dann bis zum 2. Oktober zu sehen.