Eine Erzieherin betreut Kinder in einer Kindetagesstätte Foto: dapd

Heilbronner Tagesmutter streitet vor Gericht für höhere Stundensätze und verliert.

Stuttgart - Die Mutter der kleinen Céline ist Krankenschwester. Sie arbeitet nachts, früh am Morgen oder spät am Abend. Zu diesen Zeiten hat kein Kindergarten dieser Welt geöffnet. Für die Betreuung ihrer Tochter ist die Krankenschwester auf Ute H. angewiesen. Die Frau aus dem Landkreis Heilbronn ist Tagesmutter. „Wenn ich meinen Job nicht mehr mache, dann muss auch Célines Mutter ihre Arbeit aufgeben“, sagt Ute H, „und im Moment stehe ich kurz davor, hinzuschmeißen.“ Als Tagesmutter verdient sie zu wenig, um davon leben zu können.

Um das zu ändern, hat sie Klage gegen den Landkreis Heilbronn eingereicht. Eine Tagesmutter bekommt 3,90 Euro pro Stunde für jedes Kind, das sie betreut. Darin sind schon die sogenannten Betriebskosten für Windeln, Babytücher und Ähnliches enthalten. Das Geld kommt von den Jugendämtern der Landkreise. Fünf Kinder darf eine Tagesmutter maximal zur gleichen Zeit unter ihren Fittichen haben.

„Ich fange um 5 Uhr an, da kommt das erste Kind“, sagt Ute H., „das letzte geht um 21 Uhr.“ 58,5 Stunden arbeitet die Tagesmutter im Schnitt pro Woche. Von ihrem Verdienst kann Ute H. allerdings nicht leben. „Das kommt, weil in den Randzeiten nur wenige Kinder da sind“, erklärt sie. Umso kleiner die Zahl der Kinder im Haus, umso weniger verdient die Tagesmutter. Wenn die Kinder krank sind und nicht zur Betreuung gebracht werden, verdient Ute H. gar nichts.

In ihrer Klage fordert sie einen Stundensatz von 5,50 Euro als Pauschale. Das Geld soll auch bei Ausfall der Betreuungszeiten weiter gezahlt werden. Eines ist Ute H. dabei besonders wichtig: Für die Eltern sollen keine neuen Kosten entstehen.

Eltern bezahlen aus eigener Tasche

„Es geht allein um das, was die öffentliche Hand bezahlt“, erklärt Pusch, Geschäftsführerin des Landesverbands der Tagesmütter. Die Eltern bezahlen die Tagesmutter in der Regel zusätzlich aus der eigenen Tasche. „Bei einigen Eltern kann ich das aber einfach nicht verlangen“, berichtet Ute H., die seit zwölf Jahren als Tagesmutter arbeitet.

„Kindertagespflege soll ein Auskommen sichern. Das ist politischer Wunsch und ein hehres Ziel, aber kein gesetzlicher Anspruch“, sagt Sylvia Thoren-Proske, Vorsitzende Richterin am Verwaltungsgericht Stuttgart. Im Unterschied zur Erzieherin im Kindergarten geht die Tagesmutter keinem Ausbildungsberuf nach. „An diesem Berufsbild wird derzeit noch gearbeitet“, sagt Heide Pusch vom Verband der Tagesmütter.

Der Stundensatz von 3,90 Euro gründet auf einer Empfehlung des Kommunalverbands für Jugend und Soziales, kurz KVJS. „Diese Empfehlung zu kippen ist eine hohe Hürde für dieses Gericht“, erklärt Richterin Thoren-Proske und fügt hinzu: „Aus rechtlicher Sicht sehen wir keine Chance für die Klage. Auch wenn wir großes Verständnis für die Situation der Klägerin haben.“ Entsprechend lautet dann auch der Richterspruch: Die Klage auf höhere Vergütung wird abgewiesen.

„Ich kann die Argumentation zwar juristisch nachvollziehen“, sagt Geschäftsführerin Pusch, „doch die Bezahlung bleibt im Vergleich zur Leistung der Tagesmütter unangemessen.“ Probleme sieht Heide Pusch vor allem vor dem Hintergrund des kommenden gesetzlichen Anspruchs auf einen Betreuungsplatz.

Ab August 2013 gilt dieser für alle Kinder im Alter von ein bis drei Jahren. „20 Prozent der Betreuung soll die Tagespflege leisten“, erklärt Pusch und fügt hinzu: „Dafür brauchen wir im Vergleich zu heute 4000 zusätzliche Tageseltern in Baden-Württemberg.“ Wo die alle herkommen sollen, weiß derzeit offenbar noch niemand so genau. „Wir qualifizieren 1000 Tageseltern im Jahr“, erklärt die Geschäftsführerin, „doch 998 von denen laufen uns aufgrund der schlechten Bezahlung wieder davon.“

Ob Ute H. ihre Arbeit fortsetzen wird, ist nicht sicher. Die Mutter von Céline wird es sich jedenfalls wünschen. „Gerade für Eltern, die im Schichtbetrieb oder am Wochenende arbeiten müssen, sind die Tagesmütter unentbehrlich“, sagt Pusch.