Der Protest gegen die Umsiedlung gehört zum Alltag der Kleingärtner. Foto: factum/Granville

Die Kleingärtner von der Ludwigsburger Fromannkaserne sollen rascher als geplant an den Römerhügel umziehen. Doch die denken nicht daran. Sie glauben, die Zeit arbeite für sie.

Ludwigsburg - Als Drohung schwebt es seit drei Jahren über den Schrebergärtnern: die Kleingartenkolonie Fromannkaserne soll weichen, weil die Stadt an dieser Stelle Gewerbebetriebe ansiedeln möchte. Als Ersatz für die 152 Parzellen an der Ecke Schwieberdinger- und Schlieffenstraße wurden Flächen am Römerhügel in Aussicht gestellt. Die Freien Wähler möchten den geplanten Umzug jetzt beschleunigen. Wohlwissend dass seither sehr gefühlsgeleitet debattiert wird, sagte der FW-Fraktionschef Reinhardt Weiss in der jüngsten Sitzung des Gemeinderates: „Die Vernunft sollte hier wichtiger sein als Emotionen.“ Der Ausbau des Gewerbegebietes Waldäcker sei vorrangig zu behandeln.

Kolonie ist 70 Jahre alt

„Ich bin mir sicher, dass die Kleingärtner an dem geplanten Standort in Zukunft genauso glücklich werden“, meint Weiss. „Das ist Wunschdenken der Stadträte“, widerspricht der Gartenobmann Arne Ollig. Die Kolonie feiere im kommenden Jahr 70-jähriges Bestehen und viele Mieter besäßen dort schon seit 60 Jahren eine Parzelle: „Die Leute kommen jeden Tag hierher, für die gehört das zu ihrer Lebensqualität. Die wollen bleiben, die werden nirgends anders hingehen.“

Das Interesse der Stadt an dem von den Laubenpiepern genutzten fünf Hektar Land ist ungebrochen: Firmen wie Hahn & Kolb oder Beru haben sich im Gebiet Waldäcker bereits angesiedelt, weitere Gewerbesteuerzahler könnten folgen. Dazu hat Ludwigsburg ein weiteres Bauprojekt ins Kalkül gezogen: am Römerhügel sollen nicht nur die Kleingärtner eine Heimat finden, hier sollen bis zu 45 neue Wohnungen entstehen – im Baugebiet Muldenäcker. Ein Aufstellungsbeschluss liegt vor, im Rathaus wurde eine eigene Personalstelle für die Verlegung der Gartenkolonie geschaffen.

Doch es gibt viele Hindernisse. Zum Beispiel das Problem des Grunderwerbs im Gebiet Waldäcker. Der Gemeinderat hat der Stadtverwaltung zwar Ende 2012 das Mandat erteilt, die Flächen der Kleingartensiedlung zu erwerben, aber das ist offenbar zäher als erwartet. „Wir sind dran“, sagt Baubürgermeister Michael Ilk. Teile des Geländes sind noch im Besitz des Bundesvermögensamtes. Wendet man den Blick in Richtung Römerhügel, so verhindern hier vor allem die Belange des Denkmalschutzes schnelle Fortschritte: bekannt ist seit Langem, dass sich dort Keltengräber befinden, doch erst Anfang 2016 werden Archäologen das Gelände exakt untersuchen.

Noch ist also offen, wie viel Fläche dort am Ende überhaupt für den geplanten Wohnungsbau und die Kleingartenanlage zur Verfügung stehen wird. „Wenn die Archäologen fündig werden, wird sich natürlich alles verzögern“, sagt Ilk.

Schon bei den ersten Vorgesprächen kritisierten die Kleingärtner, dass das ihnen am Römerhügel zugedachte Gelände deutlich kleiner als fünf Hektar sein werde. „Dort wird man sicher keine 150 Parzellen hinbekommen“, sagt Ollig. Und auch wer dort eine neue Heimat finden würde, müsse sich wohl auf jeden Fall mit einem kleineren Garten begnügen.

Drohung mit juristischen Schritten

Und dann sind da noch die rebellischen Kleingärtner: „Wir können ja noch Rechtsmittel einlegen“, sagt deren Obmann Ollig. Allein mit einem Grundstückstausch sei noch keine Entschädigung geleistet. „Wir haben eine lebendige Vereinskultur, die würde dann zerstört werden“, sagt er. Ilk hofft dagegen auf eine gütliche Einigung.

Die Gartenbesitzer sind sich ziemlich sicher, dass sie noch eine ganze Weile in der Weststadt Blumen und Gemüse anpflanzen werden. „Im Grunde genommen will man uns ja schon seit 25 Jahren loswerden“, sagt Ollig. Die Stimmung bei den Parzellenbesitzern sei dadurch zwar getrübt, aber noch längst nicht gekippt. „Man gewöhnt sich eben an alles“, sagt der Gartenobmann.