Der Kleine Schlossplatz am Donnerstag mit Bauzelt und Steg. Foto: Lichtgut/Achim Zweygarth

Wer den Kleinen Schlossplatz besucht, wundert sich. Zum einen darüber, warum es einen so monströsen Steg über die Baustelle gibt. Zum anderen darüber, dass der Steg seit Tagen fertig, aber gesperrt ist. Am Dienstag soll sich das ändern.

Stuttgart - Die Dauerbaustelle auf dem Kleinen Schlossplatz soll für Fußgänger besser zu überwinden sein – und ihren Schrecken als Barriere zwischen Läden und Lokalen sowie potenziellen Kunden verlieren. Am Dienstag soll ein Steg geöffnet werden, der nachts von 22 bis 8 Uhr allerdings wieder geschlossen wird – aus Sicherheitsgründen. Mit dem Steg will die Stadtverwaltung den Anrainern entgegenkommen, die sich abgeschnitten fühlen und ihre Geschäfte zugestellt sehen durch die Baustelle. Dies auch noch just zum Weihnachtsgeschäft, wenn die Kunden stimmungsvolles Ambiente möchten.

Einstweilen gibt der Steg nur Rätsel auf. Passanten, darunter der SPD-Altstadtrat Rainer Kußmaul, wundern sich, warum dieser Steg aus einem baustellentypischen Stahlgerüst eine Verbesserung bedeuten soll. Das Ding ist rund vier Meter hoch. Wer den Steg benützen will, muss 20 Stufen hinauf steigen, auf der Plattform 18 Meter Distanz hinter sich bringen und dann wieder 20 Stufen hinabsteigen. Für Rollstuhlfahrer und Eltern mit Kinderwagen ein Unding. Dann nehme man doch lieber den etwas längeren Umweg in Kauf, der sich ergibt, wenn man die Baustelle seitlich umgehen will, meint Kußmaul. Zumal es auf der Nordseite nach Arbeiten am Platzbelag jetzt wieder mehr Platz gibt zwischen dem Bauzaun sowie der Boutique Abseits und der Bar Waranga. Das größte Rätsel ist aber, warum der Steg viel länger ist, als die Baustelle breit ist.

Die Erklärung dafür und warum der Steg so hoch sein musste nährt den Verdacht, dass auf dem Kleinen Schlossplatz Murphys Gesetz gilt: dass eben schiefgeht, was irgendwie schiefgehen kann. Als die Gerüstbauer den Steg errichteten, berichten Anrainer, wurden an der Stelle neben dem geöffneten Plattenbelag gerade einige Steinblöcke gelagert, die den Arbeiten hatten weichen müssen. Die Blöcke hätten einen anderen Lagerplatz bekommen müssen, damit man mit einem kürzeren Steg auskäme. Die Gerüstbauer lösten das Problem mit einem längeren Steg.

Bestimmend für die Bauweise war auch noch ein anderer Umstand: Die Zelte, die als Wetterschutz für die Bauarbeiter über dem Oberlicht aufgestellt wurden, sind selbst schon stattlich hoch.

„Stimmt, ich hätte auch niedrigere Zelte gewählt“, sagt der Abseits-Chef Winne Klenk. Die Grundidee des Stegs, mit dem die Stadt die Anrainer für die Verzögerungen ein bisschen entschädigen wollte, wird von Klenk verteidigt. Das sei der einzige Weg, den Passanten zu signalisieren, dass es auch hinter dem Bauzaun ein Ziel für sie gibt. Zudem soll das triste Erscheinungsbild des Stahlgerüsts in der kommenden Woche beseitigt werden. Nach einer Vorlage des Stuttgarter Art Directors Thomas Waschke produziert Torsten Will zurzeit farbige Folien, mit denen der Steg zum Kunstobjekt werden soll. „Das wird beleuchtet und sich in den Glasflächen des Museumswürfels widerspiegeln“, sagt Initiator Winne Klenk. Er hofft, dass das Menschen anzieht, die dort mit Smartphones Selfies machen und die über den Steg gehen. Bisher würden die Passanten von der Baustelle abgeschreckt.

Zur Freigabe des Stegs, für Dienstag geplant, wird er aber noch nicht zur Kunst geworden sein. Die Folien herzustellen dauere vier Tage, sagt Klenk. Installiert würden sie wohl kommenden Donnerstag oder Freitag.

Eine Kunstaktion mit etwas Verspätung. Aber das passt, denn Verzögerungen hat es immer wieder gegeben bei dem Unterfangen, das ständig beschädigte Glasoberlicht zu beseitigen und durch einen Terrazzobelag mit Lichtstrahlern zu ersetzen. Im Mai wurde der Platz verbarrikadiert. Mitte Oktober sollte die Baustelle verschwinden. Die Abdichtung der Museumsräume unter dem Platz erwies sich aber als aufwendiger denn gedacht. Danach peilte man Mitte Dezember an. Jetzt peile die Stadt den 19. Dezember an, sagen die Anrainer. Der Steg bleibt, der Kunst wegen, vielleicht noch etwas länger.