Kinder mussten im Frühsommer und Sommer wegen Streiks draußen bleiben. Foto: dpa

Verdi droht mit neuen Streiks in Kitas, sollten die Verhandlungen mit den kommunalen Arbeitgebern für Erzieherinnen und Sozialarbeiterinnen ohne Verbesserungen ausgehen. Dass die städtischen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter dabei mitmachen, bezweifelt der Personalrat Martin Agster keineswegs.

Stuttgart - Werden die städtischen Betreuungseinrichtungen erneut und über Wochen geschlossen? Erfahrungen hatten Eltern damit bereits im Juli dieses Jahres gemacht, als die Erzieherinnen und Sozialarbeiterinnen für eine finanzielle Aufwertung ihrer Arbeit streikten. Jetzt kündigt Frank Bsirske eine „massive Eskalation“ an. Der Vorsitzende der Gewerkschaft Verdi spricht von einer „unberechenbaren“ Arbeitskampftaktik für die Zeit ab Mitte Oktober.

Bei den Eltern schrillen die Alarmglocken. Zunächst hatten sie auf ein erfreuliches Ergebnis aus der Schlichtung gehofft, als sich die Vertreter der kommunalen Arbeitgeber mit Verdi und der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft an den Tisch gesetzt hatten. Für die Kita-Erzieherinnen mit mehreren Berufsjahren sollte es Aufschläge bis zu 161 Euro geben (bei einem Lohn von künftig 3450 Euro brutto nach 16 Jahren). Auch Kita-Leiter und Beschäftigte in der Behindertenhilfe sollten spürbar besser abschneiden. Das Nachsehen hätten Sozialarbeiter, Sozialpädagogen und jüngere Erzieherinnen gehabt.

Als die Gewerkschaftsmitglieder über diesen Vorschlag abstimmten, fiel das Veto bundesweit mit mehr als 70 Prozent gegen das Schlichtungsergebnis aus, in Stuttgart soll die Ablehnung sogar noch höher gelegen haben, in Richtung 90 Prozent.

In einem offenen Brief an Verdi-Chef Frank Bsirske schrieb der Gesamtelternbeirat der Stuttgarter Kitas damals: „Wir unterstützen die Erzieherinnen, aber nicht Ihre Streikpolitik!“ Am Dienstag hielt sich das Gremium mit Äußerungen zurück; jedenfalls wurde die Ankündigung des Verdi-Chefs weder schriftlich noch telefonisch unserer Zeitung gegenüber kommentiert.

Bsirske will kurzfristig angekündigte Streiks

Ärgerlich war für die Eltern, dass sie im Frühsommer Notlösungen aus dem Hut zaubern, teilweise auch teure Ersatzbetreuung buchen mussten, während die Stadt in Zeiten des Streiks 690 000 Euro Personalkosten sparte. Immerhin mussten die Eltern nur 60 Prozent der Betreuungskosten für den Monat Juli bezahlen. „Wenn es einen weiteren Streik geben sollte, würden wir wieder so verfahren“, hatte Finanzbürgermeister Michael Föll (CDU) damals im Verwaltungsausschuss des Gemeinderats angekündigt. Jetzt muss er vermutlich in die Pflicht.

Am kommenden Montag und Dienstag, 28. und 29. September, treffen sich die Tarifparteien erneut zu Verhandlungen. Im Lauf dieser Woche treffen sich die Streikdelegierten des Verdi-Bezirks Stuttgart, um die mögliche weitere Streikstrategie zu besprechen. Bsirske hatte von flexiblen und nur kurzfristig angekündigten Streiks gesprochen.

Dass die städtischen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter dabei mitmachen, bezweifelt Martin Agster keineswegs: „Die Stimmung für eine Fortführung des Streiks war in Stuttgart sehr eindeutig.“

Der Personalrat des Jugendamts fürchtet nicht, dass das Flüchtlingsthema mehr öffentliche Akzeptanz finden könnte: „Der Fachkräftemangel wird dadurch spürbarer, als er schon ist: Auch Flüchtlingskinder kommen vermehrt in die Kitas, und schon jetzt sind Früh- und Spätdienste nicht mehr besetzbar. Ungelernte Kräfte werden uns dafür nicht mehr genehmigt.“ An den Forderungen für Erzieherinnen und Sozialdienstler habe sich deshalb „kein Jota geändert“.