Kindern schmeckt es vor allem dann, wenn es Nudeln mit Tomatensoße gibt Foto: dpa

Wie gesund essen Kinder in Kitas? Eine aktuelle Studie der Deutsche Gesellschaft für Ernährung zeigt: In vielen Einrichtungen gibt es zu viel Fleisch und zu wenig Fisch und Salat. Der Besuch bei einem Caterer für Kita-Essen zeigt, woran das liegt und warum auch die Eltern mitverantwortlich sind.

Stuttgart - Mit lautem Surren zermanscht der elektrische Schneebesen in der Größe eines Presslufthammers nach und nach 1,8 Tonnen Kartoffeln zu Brei. Die Küchenhilfe braucht dafür Muskeln wie ein Bauarbeiter. Überhaupt geht es morgens um 7 Uhr in der Küche von Robin Cook, einem Stuttgarter Anbieter für Kindergarten- und Schulessen, ein wenig zu wie auf einer Baustelle. Anweisungen werden erteilt, Schweiß von der Stirn gewischt.

Zwischen 7000 und 8000 Essen werden hier täglich gekocht. Und doch ist es Franz Buchka, Produktionsleiter und Gründer von Robin Cook, wichtig, dass die Kinder nicht einfach nur satt werden. Sie sollen ein frisch zubereitetes Essen mit gutem Geschmack bekommen – der Massenabfertigung zum Trotz. „Wir könnten es uns einfach machen und Kartoffelbrei aus Fertigflocken anrühren. Aber ich will keine Konservierungsstoffe und Geschmacksverstärker verwenden.“

In Kitas versucht man in puncto Essen den Wünschen der Kinder gerecht zu werden

In den bundesweit rund 54 500 Tageseinrichtungen für Kinder essen täglich etwa zwei Millionen Kinder zu Mittag, darunter inzwischen viele unter Dreijährige. Um zu sehen, wie gut die Ernährung für diese ist und wie sich der schnelle Ausbau der Kitas auf die Qualität des Essen ausgewirkt hat, ließ die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) nun die Speisepläne von Betreuungseinrichtungen bundesweit von der Hochschule für Angewandte Wissenschaften Hamburg analysieren. Ein erfreuliches Ergebnis: „Man bemüht sich sehr, den Kindern gerecht zu werden und ihre Vorlieben zu berücksichtigen“, sagt Ulrike Arens-Azevêdo, Leiterin der Studie.

Nudeln mit Tomatensoße, Linsen mit Spätzle, Maultauschen, Fleischküchle: Auch Franz Buchka vom Anbieter Robin Cook achtet darauf, dass jede Woche mehrere Kinder-Klassiker auf dem Speiseplan stehen. Dazu zählt er Gerichte, die mindestens 70 Prozent der Kinder mögen. Auch auf die meisten der angebotenen Fleischgerichte trifft das zu. „Wir bieten zwar jeden Tag eine vegetarische Alternative an. Von den Einrichtungen wird aber viel zu fleischlastig bestellt“, sagt Buchka.

Es gibt noch zu häufig Fleisch und Wurst

Auch die Studie der DGE zeigt: In knapp der Hälfte der 691 ausgewerteten Vier-Wochen-Speisepläne gab es mehr als achtmal Fleisch und Wurst an den 20 Verpflegungstagen. Gemüse, Salat, Rohkost und Fisch dagegen kamen zu selten auf den Tisch. „In den meisten Kitas wählt eine Erzieherin ohne Fachausbildung für Ernährung das Essen aus“, sagt Ernährungswissenschaftlerin Ulrike Arens-Azevêdo. Diese orientiere sich an den Vorlieben der Kinder oder am eigenen Essverhalten und nicht an Empfehlungen für eine ausgewogenen Ernährung, wie sie die DGE gibt. Nur 38 Prozent der befragten Einrichtungen hatten eine Köchin oder Hauswirtschafterin angestellt – und zwar meist die Kitas, in denen auch vor Ort gekocht wird. Das aber trifft nur auf weniger als ein Drittel der befragten Einrichtungen zu.

Um kurz vor acht erreicht die Hektik bei Robin Cook ihren ersten Höhepunkt. Ein mit Edelstahlbehältern beladener Wagen wird an den Herd geschoben. Eine Küchenhilfe füllt mit einer riesigen Schöpfkelle den Kartoffelbrei in einen Behälter. Karottengemüse mit Béchamelsoße kommen in einen weiteren. Ein zweiter Helfer verschließt das Essen schnell mit Deckeln und verstaut es in Thermoboxen. „Aus hygienischen Gründen ist es sehr wichtig, dass die Speisen eine bestimmte Temperatur halten, bis sie gegessen werden“, sagt Buchka.

Gemüse, das beim Kochen schnell weich wird, wird nicht verwendet

Das schränkt die Anbieter von Warmverpflegung – laut DGE-Studie beziehen 55 Prozent der befragten Einrichtungen ihr Essen von solchen – auch bei der Auswahl der Speisen ein. „Grünes Gemüse wie Brokkoli wird beispielsweise schnell braun, wenn man es warm hält, also kochen wir nicht damit“, sagt Franz Buchka.

Weshalb er das Kochen in den Einrichtungen befürwortet. „Insbesondere bei unter Dreijährigen ist das wichtig, weil Speisen dann sparsam gewürzt, zerkleinert und bei Bedarf püriert werden können.“ Denn selbst Franz Buchka, der seinen Essensdienst nur auf Kinder ausgerichtet hat, muss in einer Mahlzeit die Bedürfnisse von Ein- bis 18-Jährigen berücksichtigen – was fast unmöglich ist. Viele andere Warmverpfleger beliefern neben Kitas zudem Krankenhäuser, Altenheime oder Firmenkantinen, die nochmals auf ganz andere Dinge Wert legen.

Nur in 30 Prozent der Kitas wird vor Ort gekocht

Trotzdem kochen der DGE-Studie zufolge nur 30 Prozent der Kitas vor Ort, denn dafür braucht es Platz, eine entsprechend ausgerüstete Küche und Fachpersonal. Das alles kostet Geld. „Aus Sicht der Kitas war das Kostenmanagement beim Essen die größte Herausforderung“, sagt Ernährungswissenschaftlerin Arens-Azevêdo.

Der Preis, den die Eltern für täglich ein Mittagessen bezahlen, wurde von den Kitas mit 0,45 Euro bis fünf Euro pro Mahlzeit angegeben – je nachdem, wie hoch diese von Stadt oder Land bezuschusst werden. Über die realen Kosten für eine Mahlzeit geben diese Preise keine Auskunft. „Im Vergleich dazu ist das, was die Eltern zahlen müssen, sehr wenig“, sagt Ulrike Arens-Azevêdo.

Die Anforderungen der Eltern wachsen schnell

Buchka rechnet mit Lebensmittelkosten von 1,50 Euro pro Mahlzeit. Hinzu kommen etwa 60 Cent für Personal und Transportkosten pro Gericht sowie allgemeine Kosten für Strom und Raummiete. Die Eltern zahlen – je nach Portions- und Einrichtungsgröße – zwischen 2,60 und 3,50 Euro für ein Essen. „Mit einer einzelnen Mahlzeit kommen wir dadurch ins Minus. Über die Menge können wir das aber wieder ausgleichen.“

Was ihm bei der Kostenplanung mehr zu schaffen macht, sind die ständig wachsenden Anforderungen der Eltern. Er zeigt auf Kisten voller Obst und Salat in seinem Kühlraum. „Bislang ist das regional und saisonal, künftig werden wir auf Bio umsteigen müssen.“ Er findet das nicht schlecht und würde auch gern mit Biofleisch kochen. „Aber dann kostet ein Mittagessen eben keine drei Euro mehr, sondern acht Euro.“ Das sei insbesondere den Eltern nicht bewusst, die zu Hause kaum noch selbst kochten. „Genau die aber sind der Meinung, dass ihr Kind im Kindergarten oder in der Schule besonders gut versorgt werden soll. Aber man kann nicht die ganze Verantwortung für die Ernährung einfach in die Kitas abwälzen.“