Der US-Pianist Kit Armstrong hat in Stuttgart gespielt Foto: Jason Aldon

Zwei Sternstunden der Kammermusik: Kit Armstrong ist gemeinsam mit dem Geiger Andrej Bielow und dem Cellisten Adrian Brendel im Mozartsaal in Stuttgart aufgetreten.

Stuttgart - Er sieht immer noch blutjung aus, und wer weiß, dass der US-amerikanische Pianist Kit Armstrong auch Mathematik und Naturwissenschaften studiert hat, der nimmt nicht unbedingt an, dass der heute 22-jährige Hochbegabte auch für intensive kammermusikalische Dialoge taugt.

Falsch gedacht! Als Armstrong am Donnerstagabend gemeinsam mit dem Geiger Andrej Bielow und dem Cellisten Adrian Brendel im Mozartsaal auftritt, erlebt das leider nur zaghaft besetzte Auditorium zwei Sternstunden der Kammermusik.

Diese haben zwar mit dem (maßgeblich vom legendären Beaux Arts Trio geprägten) traditionellen Klaviertrio-Ideal nicht viel gemein, denn die drei Musiker rücken keineswegs die größtmögliche Annäherung zwischen dem indirekten Klang der Streicher und dem direkten Klavierton ins Zentrum ihres Interesses. Stattdessen begegnen sich drei Individuen, und jeder von ihnen bereichert die gemeinsame Kunst mit sehr eigenen Zutaten.

Für den spürbarsten energetischen Input sorgt der Pianist schon bei Rameaus eigentlich für Cembalo, Violine und Gambe komponierter fünfter „Pièce de clavecin en Concert“ – wobei die drei sehr frei gestalteten Charakterstücke dieses Werks hier klingen wie eine fetzige Barock-Fantasie. Auch bei Haydns C-Dur-Trio (Nr. 27) ist Armstrong der Erste, der das Feuer entfacht. Dass das Bild von einem Planeten mit zwei Monden dennoch nicht passt, liegt vor allem an Andrej Bielow: Der 33-jährige gebürtige Ukrainer bezaubert mit einem silbrig-geschmeidigen, leuchtenden Geigenton, dessen Beweglichkeit Adrian Brendels eher schwerer Celloklang nie erreicht.

Das von Armstrong selbst komponierte Trio „Time Flies Like An Arrow“ dürfte dem Wesen seines Schöpfers entsprechen: Wie ein Schwamm hat es stilistisch alles Mögliche aufgesaugt. Tiefendimensionen erreichen die drei Musiker indes erst danach bei Schuberts B-Dur-Trio op. 99, bei dem sich Armstrong, Bielow und Brendel nicht nur gegenseitig wechselweise loslassen und vorantreiben, sondern im Rondo sogar noch ein wenig Beisl-Seligkeit verbreiten. So himmlisch wie hier wirken Schuberts himmlische Längen nur selten.