Die männliche Kirschessigfliege hat dunkle Flecken auf den Flügeln Foto: dpa

Die Kirschessigfliege befällt Steinobst und Beerenobst mit dünner Schale, besonders gern dunkles. Hauptsächlich ist die Süßkirsche betroffen, aber auch Pfirsich, Nektarine, Marille, Pflaume, Heidelbeere, Stachelbeere, Brombeere, Himbeere, Erdbeere und Weintraube werden von der Kirschessigfliege nicht verschont.

Fellbach - Es ist ein Schock. Nach fast drei Wochen Urlaub hatten wir uns beim ersten Besuch im Garten ja auf einiges eingestellt: verdorrte Pflanzen, üppig wuchernde Vegetation und faulendes Fallobst in rauen Mengen. Aber nicht nur dass all diese Befürchtungen eingetroffen sind, nein, noch dazu hingen die Brombeeren zwar reichlich, aber faulend am Busch. Die Marillen sehen ähnlich erbärmlich aus, auch wenn sie nicht ganz so schlimm betroffen sind.

Was nur ist passiert? Die Gartenexpertin Iris Faller hört sich meine Schilderung an: von der reifen Frucht, die faulend am Strauch hängt – und die bei näherer Betrachtung ein rätselhaftes kleines Loch aufweist. Selbst die wenigen Früchte, die zunächst noch gut und gesund aussehen, kippen nach einem Tag im Kühlschrank und sind ungenießbar.

„Daran ist die Kirschessigfliege schuld“, sagt Iris Faller. „Ich habe sie erst vorgestern auch an meinen Brombeeren erlebt.“ Aha, die Kirschessigfliege. Die Stuttgarter Nachrichten berichteten erst am vergangenen Montag von dieser Plage, die die Weintrauben und somit die Ernte der Wengerter bedroht. Und nun also auch die Gärtner.

Die Kirschessigfliege (Drosophila suzukii) ist eine Art aus der Familie der Taufliegen, sie ist in Südostasien beheimatet und wurde in Deutschland erstmals 2011 festgestellt. Und seitdem legt die nur zwei bis dreieinhalb Millimeter große Kirschessigfliege ihre Eier mit einer speziellen Legeeinrichtung in das Innere von intakten Früchten – im Gegensatz zu den heimischen Essigfliegen, die anständigerweise nur vorgeschädigte Beeren befliegen.

Pro Tag kann ein Weibchen sieben bis 16 Eier legen. Je Frucht werden ein bis drei Eier, insgesamt 300 bis 400 Eier, abgelegt. Aus der hohen Zahl resultieren enorme Vermehrungsraten.

Nach zwei Tagen beginnen die geschlüpften Larven im Inneren der Frucht zu fressen. Dadurch besteht die Gefahr schneller Fäulnis in Kombination mit Essigbildung. Der Befall an den Früchten zeigt sich durch kleine Beschädigungen und eingedrückte weiche Flecken an der Oberfläche. Vom Befall bis zum Kollabieren der Früchte vergehen meist nur zwei bis drei Tage. Zudem können zusätzlich Pilze oder Bakterien zu Fäulnis beitragen.

Die Kirschessigfliege befällt Steinobst und Beerenobst mit dünner Schale, besonders gern dunkles. Hauptsächlich ist die Süßkirsche betroffen, aber auch Pfirsich, Nektarine, Marille, Pflaume, Heidelbeere, Stachelbeere, Brombeere, Himbeere, Erdbeere und Weintraube werden von der Kirschessigfliege nicht verschont.

Und wie sehen sie aus, diese Bösewichte? Die Männchen zeigen schwarze Punkte auf den Flügeln. Dies ist das leichteste Unterscheidungsmerkmal zur Essigfliege.

Nur was hilft dieses Wissen? Soll man sie nun aufspüren, identifizieren und dann wie das tapfere Schneiderlein alle auf einen Streich mit der Fliegenklatsche beseitigen? Nein, so leicht macht es uns die Kirschessigfliege natürlich nicht. Zumal sie sich – wie schon geschildert – rasch vermehrt und ausbreitet – und nicht nur den Kleingärtner ärgert. Aus Südeuropa werden 50- bis 80-prozentige Ernteausfälle gemeldet. Auch in Deutschland sind die Obstbauern und Winzer alarmiert. Denn der Schädling hat sich auch hier explosionsartig vermehrt.

Doch die Bekämpfung ist schwierig. Eine Maßnahme, für die es in dieser Saison wohl allerdings bereits zu spät ist, ist das vollständige engmaschige Einnetzen – sofern das bei der Kultur möglich ist. Hat man die Schädlinge erst einmal am Obst, können zur Reduktion Fangfallen, gefüllt mit einer Fangflüssigkeit (Apfelessig als Lockmittel), eingesetzt werden. Sie dienen auch zur Befallsfeststellung. Im Weinbau ist zur chemischen Bekämpfung seit April 2014 das Mittel SpinTor gegen Essigfliegen zugelassen.

Also mit Apfelessigfallen Kirschessigfliegen fangen? Da kann man nur hoffen, dass der Essig die Fliegen nicht erst recht anlockt. Ein Kollege witzelt: „Gib doch etwas Zucker dazu. Asiaten mögen es gern süßsauer.“ Doch dem Gärtnerherz ist nicht zum Lachen zumute: Zu schade ist’s um die schönen Brombeeren, aus denen sich so herrliches  Eis  selbst  machen lässt, wunderbarer Quark und leckere Marmelade. Ein Jammer.

Und wie geht es Iris Fallers Früchten? Ihr Problem sind erstaunlicherweise weniger die Kirschessigfliegen. „Meine Brombeeren sind in diesem Jahr sehr stark von Brombeermilben befallen, was sich so äußert, dass sie nicht richtig reif und dann matschig werden“, sagt sie. Bisher konnte sie von ihrer Brombeerpracht nur ganz wenig ernten. „Die Beeren, die befallen sind, schmecken auch ganz scheußlich“, sagt Faller.

Fliegen, Milben – erleben wir derzeit eine Invasion der Schädlinge? „Ich hatte das Problem in den vergangenen Jahren auch schon, aber nie so stark, und dabei hatte ich im vergangenen Herbst wirklich versucht, alle befallenen Stellen zu entsorgen – aber da saßen sie wohl schon in den Blattachseln der neuen Ruten“, sagt Faller.

Die beste Methode gegen die Milben wäre es ihrer Erfahrung nach, alles abzuschneiden – dann müsste sie aber im kommenden Jahr auf Brombeeren verzichten und könnte erst im übernächsten Jahr wieder ernten. „Das wäre im Prinzip auch nicht schlimm, denn das, was ich in diesem Jahr bekomme, ist ja auch nicht der Hit“, sagt sie.

War das gesamte Gartenjahr 2014 nicht der Hit? „Nun, jedenfalls ist dieses Jahr ganz schön schwierig: Einerseits gab es immer genügend Wärme und Feuchtigkeit für die Pflanzen, aber gerade die Feuchtigkeit schadet zum Teil auch, indem sie etwa den Pilzbefall fördert. Auch unsere Tomaten waren stark von Braunfäule bedroht“, sagt Faller. Aber das Jahr ist ja noch nicht zu Ende.