Wo einst die heruntergekommene Stadiongaststätte stand, prägt nun ein modernes Sportvereinszentrum das Bild. Foto: Horst Rudel

Es ist ein Wagnis: 3,6 Millionen Euro hat der VfL Kirchheim in ein nagelneues Vereinssportzentrum gesteckt. Die Resonanz auf das Fitness-Angebot entspricht bisher den hohen Erwartungen.

Kirchheim - Rund 3,6 Millionen Euro hat das neue, vor wenigen Tagen eingeweihte Sportvereinszentrum den Verein für Leibesübungen (VfL) Kirchheim gekostet. Mit dem zweigeschossigen, lichten, von Holz und Glas dominierten Quader auf dem Vereinsgelände an der Jesinger Straße ist der Verein angetreten, zwei scheinbar gegensätzliche Sportwelten miteinander zu versöhnen.

Anders, als Kritiker im Vorfeld befürchtet haben, hat der Spagat zwischen dem nach alter Väter Sitte im Ehrenamt geführten Vereinsbetrieb und dem dienstleistungsorientierten Fitness- und Wellnessbereich den Verein nicht zerrissen. Und das, obwohl die Vereinsfamilie selbst lediglich 100 000 Euro an Eigenkapital beigebracht hat – und die Hoffnung, dass das Gebäude mit dem Schweiß der künftigen Nutzer abbezahlt werden kann.

Bisher 140 neue Vereinsmitglieder

Die Rechnung ist bisher aufgegangen. „Seit wir an den Start gegangen sind, haben wir knapp 140 Neueintritte in den Verein zu verzeichnen, und das nach zuletzt rückläufigen Mitgliederzahlen“, sagt Doris Imrich, die Geschäftsführerin des rund 4000 Mitglieder starken Kirchheimer Traditionsvereins. Wenn die starke Frau des VfL – Doris Imrich führt seit dem Jahr 1986 die Geschäfte und hat zwei Jahre später in Personalunion auch den Vorsitz übernommen – überhaupt ein Haar in der Suppe suchen wollte, dann dieses: „Wir hätten nicht so lange warten und das Projekt schon viel früher in Angriff nehmen sollen.“

So wie es der VfL Sindelfingen getan hat. Von dem 9000 Mitglieder zählenden Verein aus dem Kreis Böblingen haben sich die Kirchheimer abgeschaut, wie Vereinssportzentrum geht. „Die haben ihr Zentrum, das größer ist als unseres, schon vor acht Jahren eingeweiht und sind jetzt beinahe schon schuldenfrei“, sagt Imrich. Um es dem Sindelfinger Vorbild gleichzutun, muss der VfL Kirchheim dem Wirtschaftsplan zufolge langfristig rund 1400 Zentrums-Mitgliedschaften an Land ziehen. Die Zahl soll über zwei Etappen erreicht werden: von 400 Mitgliedern im ersten und 800 im zweiten Betriebsjahr. Wenn das gelingt, dann ist der Verein als Betreiber des Zentrums in 25 Jahren schuldenfrei. Spätestens dann dürften auch die Rathausoberen und der Gemeinderat aufatmen. Immerhin hat die Stadt dem VfL Kirchheim mit einer Bürgschaft in Höhe von 1,2 Millionen Euro den Rücken gestärkt.

Das Angebot erschließt dem Verein einen neuen Kundenkreis

Weil nur an die Geräte des Fitness-Studios oder in die Sauna des Wellness-Bereichs darf, wer gleichzeitig auch Mitglied im Hauptverein ist, erschließt der kommerzielle Ableger dem Verein einen neuen Kundenkreis. Neben den bisher 140 Quereinsteigern sollen jedoch auch die Altmitglieder von dem Angebot profitieren. „Wir sprechen gezielt Sportler an, die eine Betätigung nach ihrer aktiven Laufbahn suchen“, sagt Doris Imrich. Ihnen steht ein moderner Geräteparcours ebenso zur Verfügung wie ein vielfältiges Kursprogramm rund um die Klassiker „Bauch, Beine, Po“, Wirbelsäulengymnastik und Pilates.

Augenscheinlich hat der VfL damit einen Nerv getroffen. Im Gegensatz zu den meist jüngeren Nutzern von kommerziell arbeitenden Sportstudios bildet das Publikum in der Jesinger Straße die Alterspyramide der Gesellschaft im Verhältnis 1:1 ab. „Wir haben auffällig viele Ehepaare in unserer Mitgliedskartei. Und viele, die sich im Ruhestand noch einmal sportlich betätigen wollen“, sagt die Vereinschefin.