Wenn es sich die Gäste unter freiem Himmel gut gehen lassen, hält immer auch die Stadt die Hand auf. Foto: Horst Rudel

Wenn Stadtbummler unter freiem Himmel Prosecco schlürfen und mit Bier anstoßen, dann nimmt auch die Stadt einen kräftigen Schluck aus der Pulle. Die Gebühr für Außenbewirtschaftung steigt dieses und nächstes Jahr um mehr als 20 Prozent.

Kirchheim - Wenn die Kirchheimer Stadtbummler in diesem Jahr ihren Prosecco unter freiem Himmel schlürfen oder mit kühlem Bier in der Abendsonne anstoßen, dann sitzt auch die Stadt mit am Tisch. Die Verwaltung hat sich zu Beginn der Saison einen kräftigen Schluck aus der Gebührenpulle genehmigt. Wirte, die eine Außenbewirtschaftung anbieten, müssen für das Privileg in diesem Jahr zehn Prozent mehr Gebühren zahlen. Im Jahr darauf wird noch einmal ein Zuschlag von 10,7 Prozent fällig. Das stößt den Wirten in der Teckstadt sauer auf. Im Einzelfall müssen sie dann – bei Quadratmeterpreise bis zu 53 Euro – mit bis zu 700 Euro mehr pro Saison in Vorleistung gehen.

Erhöhung orientiert sich am Verbraucherpreisindex

Im Kirchheimer Rathaus relativiert man die saftige Gebührenerhöhung mit dem Hinweis auf die vorausgegangene lange Durststrecke. Zuletzt habe man die Abgabe im Jahr 1998 angepasst, verteidigt Marcus Deger, der Kirchheimer Ordnungsamtsleiter, den Dreh an der Gebührenschraube. Über die vergangenen 19 Jahre hinweg habe sich der Verbraucherpreisindex um 20,7 Prozent erhöht, mithin genau um den Wert, den man jetzt in zwei Schritten einfordere.

Genau genommen ist der parallel zu den steigenden Temperaturen immer heißer diskutierte Beschluss schon kalter Kaffee. Bereits im Herbst des vergangenen Jahres hat der Kirchheimer Gemeinderat beschlossen, die „Gebühren für die Sondernutzung an öffentlichen Straßen“ zu erhöhen. „Die entsprechende Vorlage hat mehrere Runden in den Gremien gedreht, bevor sie dann mehrheitlich vom Gemeinderat verabschiedet worden ist“, erinnert sich Günter Riemer, der zuständige Bürgermeister der Stadt.

Vom Gemeinderat auferlegte Daueraufgabe

Auch am Runden Tisch, zu dem die Stadtverwaltung die Gastronomen wie üblich im März eingeladen hätte, sei das Thema zwar angerissen, nicht jedoch vertieft worden. „Die Erhöhungsquote ist in dem einen oder anderen Fall schon spürbar“, gibt Riemer zu. Umso mehr, als dass die Gebühr schon zu Beginn der Saison fällig wird. Andererseits handelt es sich laut Riemer bei einer Außengastronomie um die kostenpflichtige Vergrößerung der Gaststube in den öffentlichen Raum hinein. „Mit der Gebührenanpassung kommen wir einer Daueraufgabe nach, die uns der Gemeinderat auferlegt hat“, sagt der Bürgermeister.

Mit den jetzt erhöhten Gebühren bewegt sich die rund 40 000 Einwohner zählende Teckstadt nach Einschätzung Riemers im Mittelfeld vergleichbarer Kommunen in der Region Stuttgart. Im Kirchheimer Stadtgebiet sind aktuell rund 1350 Quadratmeter als Gartenwirtschaftsfläche ausgewiesen. Wenn jeder Platz besetzt ist, dann lassen es sich demnach rund 1500 Gäste unter freiem Himmel gut gehen. Je nach Lage zahlen die Wirte pro Quadratmeter Außenbewirtschaftungsfläche zwischen 34 und 53 Euro. Der Höchstsatz wird laut Riemer in der Marktstraße und in der Max-Eyth-Straße fällig.

In Nürtingen herrscht Ruhe an der Gebührenfront

Im benachbarten, von der Einwohnerzahl her vergleichbaren Nürtingen herrscht noch Ruhe an der Gebührenfront. „Die letzte Änderung wurde im Jahr 2009 vorgenommen“, sagt Clint Metzger, der Sprecher im Rathaus. InNürtingenbieten rund 30 Wirte ihren Gästen auf einer Fläche von 700 Quadratmetern Stühle und Tische unter freiem Himmel an. Dafür überweisen sie unverändert jährlich zwischen 25 000 und 30 000 Euro an die Stadtkasse.

Noch weniger öffentliche Beachtung als die Erhöhung der Gebühren für die Außenbewirtschaftung hat im Herbst in Kirchheim übrigens ein zeitgleich verabschiedeter Gemeinderatsbeschluss gefunden. Im Zuge einer Satzungsänderung hat die Ratsrunde die bisher noch erhobene Luftraumsteuer für Markisen abgeschafft. Den Schatten vor den Auslagen der Geschäfte gibt es in Kirchheim seither umsonst.