Das, liebe Gänse, ist nicht der Nil, sondern der Kirchheimer Bürgersee. Hier ist Baden für euch verboten. Foto: Horst Rudel

Eine Nilgans-Familie hat sich die Kirchheimer Bürgerseen als Kinderstube ausgesucht. Das Familienglück ist nicht ungetrübt – das Wasser auch nicht. Die Gänse werden für eine Verschlechterung der Qualität verantwortlich gemacht.

Kirchheim - Eine Nilgans-Familie hat sich die Kirchheimer Bürgerseen als Sommerdomizil ausgesucht. So süß die Spaziergänger das Elternpaar mit den acht Jungen finden, so sauer ist Bianka Wötzel. Sie ist als Sachgebietsleiterin der Abteilung Grünflächen und Tiefbau im Kirchheimer Rathaus für die Sauberkeit rund um den beliebten Badesee zuständig. „Die Wasserqualität hat sich in den vergangenen Monaten deutlich verschlechtert“, sagt sie. Alle Anzeichen deuten darauf hin, dass der Gänsedreck dafür verantwortlich ist.

Hinterlassenschaften auf dem Steg

In der Tat sind die Hinterlassenschaften der Gänsefamilie – zur Verwandtschaft zählt offensichtlich noch ein sich im Abseits haltender, flugunfähiger Onkel – nicht zu übersehen. Besonders funktioniert die tierische Verdauung offensichtlich ausgerechnet auf dem mitten im See verankerten Steg. „Genau dort, wo das Staatliche Gesundheitsamt seine Proben nimmt“, sagt Bianka Wötzel.

Noch hat die Behörde, die zwei Mal pro Woche die Gewässerqualität am Bürgersee überprüft, die Rote Karte nicht gezogen. Doch von einer ausgezeichneten Wasserqualität, wie sie den Bürgerseen über Jahre hinweg bescheinigt worden ist, kann derzeit nicht mehr die Rede sein. Sollte das Gesundheitsamt ein Badeverbot anordnen, dann hätten die Nilgänse den Rubikon überschritten. „Dann müssten wir, die wir für die Wasserqualität verantwortlich sind, sogar von Gesetzes wegen tätig werden“, sagt Bianka Wötzel. Allerdings, so hat die Sachbearbeiterin festgestellt, machen die grundsätzlich zur Jagd freigegebenen Nilgänse seit drei Jahren ausgerechnet zur Schonzeit Station an den Bürgerseen.

Tiere werden angefüttert

Solange das Gänseei des Kolumbus jedoch noch nicht gefunden ist, belässt man es im Kirchheimer Rathaus bei Appellen an die Badegäste und Spaziergänger. „Wir weisen eindringlich darauf hin, dass die Tiere auf keinen Fall gefüttert werden dürfen“, sagt Bianka Wötzel.

Wildlebend, ernährt sich die Wildgans überwiegend von Gräsern, Samen, Blättern und Stielen verschiedener Pflanzen sowie von Insekten. Die Bürgersee-Familie aber verschmäht auch Brot nicht – nach Einschätzung von Bianka Wötzel ist das ein deutliches Zeichen, dass die Tiere angefüttert worden sind.

Zusätzlich zur Intensivierung der Reinigungsintervalle – seit die Gänse da sind, werden nun die Stege, Wege und Einstiegsstellen dreimal pro Woche gereinigt – hat der Ordnungsdienst der Stadt seine Patrouillengänge rund um die Bürgerseen ausgeweitet. Die städtischen Bediensteten haben dabei nicht nur ein Auge auf Spaziergänger, die Gänse-Leckerli verteilen, sondern auch auf Hundehalter, die ihre vierbeinigen Gefährten trotz Verbots im See baden lassen. „Auch das trägt erheblich zur Verschmutzung des Wassers bei“, sagt Bianka Wötzel.

Mit ihren Problemen sind die Kirchheimer nicht alleine. Nilgänse, ursprünglich im tropischen Afrika beheimatet, gelten als sehr anpassungsfähig und besiedeln sowohl künstliche als auch natürliche Gewässer. Im Landkreis Esslingen sind sie schon an den nicht als Badeseen ausgewiesenen Baggerseen in Unterensingen und Zizishausen beobachtet worden. Auch nach Esslingen, in den Merkelpark, haben sich schon vereinzelt Tiere verirrt.

Bundesweit nimmt der Bestand von Alopochen aegyptiaca Linnaeus, so der lateinische Name des Federviehs, stark zu. Waren in Deutschland zur Jahrtausendwende noch 300 Brutpaare registriert worden, so sind es zehn Jahre später schon 7500 Pärchen gewesen.