Der Topf mit den Nasen, eine Leihgabe des Landesamts für Denkmalpflege, ist 7300 Jahre alt. In ihm haben die ersten Kirchheimer Siedler ihre Lebensmittel aufbewahrt. Foto: Horst Rudel

Die Ausstellung, die von der Kirchheimer Archäologie AG liebevoll in der Galerie im Kornhaus zusammengestellt worden ist, gibt einen Einblick in 7500 Jahre Siedlungsgeschichte unter der Teck.

Kirchheim - Das Prunkstück der Ausstellung gibt sich bescheiden. Ein bisschen mehr Farbe und der Topf mit den markanten Noppennasen, der bis auf den durchgebrochenen Boden nahezu vollständig erhalten ist, stünde jedem modernen Haushalt gut zu Gesicht. Doch das zeitlos ebenmäßig geformte Gefäß, das auf dem Hegelesberg geborgen worden ist, hat schon vor 7300 Jahren den ersten Kirchheimer Siedlern als Vorratsbehälter gedient. Bis zum 4. Oktober ist das Stück gemeinsam mit anderen Zeugnissen aus sieben Jahrtausenden Stadtgeschichte im Städtischen Museum im Kornhaus zu sehen.

„30 Jahre Stadtarchäologie – Spuren aus 7500 Jahren Siedlungsgeschichte“, so ist die Ausstellung überschrieben, die von der ehrenamtlich arbeitenden Archäologie AG der Stadt zusammengestellt worden ist. Die Hobby-Archäologen, denen seit 30 Jahren keine Baugrube im Stadtgebiet entgeht, mögen durch die Bank Amateure sein. Die Ausstellung im Kornhaus allerdings trägt die Handschrift eines Profis.

Eigentum verpflichtet

Rainer Laskowski war 30 Jahre lang, von 1983 bis 2013, Museumsleiter in Kirchheim. Seit drei Jahren ist der umtriebige Archäologe im Ruhestand, was es ihm ermöglicht, sich nur noch hartnäckiger auf die Spuren der Stadtgeschichte zu heften. Als ehrenamtlicher Beauftragter des Landesdenkmalamts hat Laskowski weit reichende Befugnisse. Vermutet er historische Schätze in einer Baugrube, dann kann der Baggerführer vorzeitig Feierabend machen und der Investor seinen Zeitplan überarbeiten. „Eigentum verpflichtet“, sagt Laskowski, „und zwar nicht nur zum Geldverdienen.“

Schon im Jahr 1986 hat Laskowski die Kirchheimer Archäologie AG ins Leben gerufen, der er seither ununterbrochen vorsteht. Und so hat der 68-Jährige die meisten Ausstellungsstücke im Kornhaus, wenn schon nicht selbst ausgegraben, so doch sichergestellt, vor dem Verfall bewahrt und der Nachwelt erhalten. Laskowski kennt die Geschichten hinter den Stücken. Er hat die Ausstellung, die das gesamte von den Brandschutzarbeiten verschonte Erdgeschoss einnimmt, geplant, umgesetzt und in großen Teilen auch noch selbst aufgebaut.

Spaziergang durch 7500 Jahre Siedlungsgeschichte

Der Gang durch die Ausstellung ist gleichbedeutend mit einem Spaziergang durch 7500 Jahre Kirchheimer Stadtgeschichte. Der Besucher startet im Neolithikum, stattet den 5000 Jahre später auf dem Hegelesberg siedelnden Kelten einen Besuch ab und bestaunt die Unverfrorenheit, mit der Herzog Ulrich die Stadt im 16. Jahrhundert zur Landesfeste ausgebaut hat. „Der Herzog war ein ziemlicher Rabauke“, sagt Laskowski unter Verweis auf den gotischen Grabstein, den der Herzog kurzerhand zur Schießscharte umfunktioniert hat. Auch den in der Klosterkirche aufbewahrten Gebeinen der Herzöge von der Teck, immerhin die Urahnen der aktuellen englischen Königin Elizabeth II., blieb die ewige Ruhe verwahrt. Nach dem Abbruch des Gotteshauses landeten sie in einer Holzkiste. Das sind Geschichten, die den Jagdinstinkt des Rainer Laskowski wecken.

„Die Kiste ist beim Umbau des Rollschuhplatzes im Jahr 1980 wieder aufgetaucht, ohne dass deren Bedeutung erkannt worden wäre“, sagt er. Anschließend sei sie, so wisse er von Zeitzeugen, im anonymen Urnengräberfeld auf dem Waldfriedhof verscharrt worden. „Da können wir natürlich nicht graben“, bedauert Laskowski, der die Friedhofsgärtner jedoch gebeten hat, auf Senkungen im Boden zu achten. Irgendwann, so seine Spekulation, müsste der Deckel der alten Kiste einbrechen und den Standort der Gebeine verraten. Ob Laskowski dann noch gräbt? „Ich mache weiter, solange es geht“, sagt er.