Beten und Bibbern? Die Heizkosten sind ein Thema für die Kirchengemeinden. Foto: dpa

Wie warm muss die Kirche sein? Weil Energie immer teurer wird, die Gemeinden beider Konfessionen jedoch immer weniger Geld zur Verfügung haben, werden die Heizkosten ein Thema. Doch manche Christen pochen darauf, nicht zu frieren.

Filder - Hier stuhlen wir dann sonntags auf und dann ist genug Platz für die Gottesdienstbesucher.“ Hubert Mohs, Mitglied des Kirchengemeinderates der evangelischen Thomaskirchengemeinde in Kaltental, knipst das Licht im Gemeinderaum neben der Kirche an. Nur eine aufklappbare Holzwand trennt den Raum von der Kirche. Werktags finden hier Besprechungen und Kurse statt. Und von Dreikönig bis Anfang März hält die Pfarrerin Mirja Küenzlen hier sonntags den Gottesdienst. „Winterkirche“ heißt das Konzept; vor 15 Jahren wurde es in Kaltental eingeführt. Die Initiative dazu kam aus einer Gemeindegruppe, der auch Hubert Mohs angehörte. Ende der 90er-Jahre, ging es weniger ums Geld. Die Bewahrung der Schöpfung, eine verantwortliche Nutzung von Ressourcen war das Motiv.

Mehr als 10 000 Euro im Jahr für Heizung

Inzwischen geht es in der Winterkirche auch um das Finanzielle. Mehr als 10 000 Euro gibt die Gemeinde im Jahr aus, um die Kirche und das Gemeindehaus zu heizen, Mohs: „Um die Kirche auf 16 Grad zu bekommen, muss man bereits Stunden vorher die Heizung andrehen.“ Doch das Konzept ist umstritten. Kann man den Gottesdienst aus Kostengründen einfach in einen Gemeinderaum auslagern – mit Klavier statt Orgel? Im Schnitt 80 Gemeindemitglieder kommen in die Winterkirche. Statt der Orgel wird Klavier gespielt; man sitzt enger zusammen als auf den Kirchenbänken. Manche schätzen das temporäre Zusammenrücken im Winter als intime Form der Gottesdienstgestaltung. Andere beschweren sich, dass der Gemeinderaum kein liturgischer Ort ist. Mohs: „Wegen der niedrigen Decke ist die Luft bei 80 Leuten manchmal sehr schlecht.“ Mit der Heizung, an die neben dem Gemeindesaal noch andere Räume angeschlossen sind, lässt sich schwer punktgenau heizen.

Wie viel Einsparung bringt die Winterkirche? Diese Frage ist nach 15 Jahren nun laut geworden. Deswegen schreibt die Mesnerin der Thomaskirchengemeinde nun täglich den Stand das Gaszählers auf. „Dann haben wir endlich die Grundlage für eine rationale Debatte“, sagt Mohs.

Werktags wird weniger geheizt

Auch in der Gemeinde Heilige Familie, zu der katholische Christen aus Rohr und Dürrlewang gehören, geht es um die Heizkosten. Im Herbst hatte Helmut Frey, der Vorsitzende des Verwaltungsausschusses, im Gemeindebrief angekündigt, dass in den Werktagsmessen aus Kostengründen nicht mehr die gesamte Kirche geheizt wird. Nur noch vorne rechts wird dienstags und donnerstags unter den Bänken die Heizung angemacht. Und auch nicht mehr eine halbe Stunde vor der Messe wie noch vor ein paar Jahren, sondern erst mit Beginn. Betroffen von der Veränderung sind knapp 40 Gläubige, die die beiden Gottesdienste an den Werktagen regelmäßig besuchen.

Doch die Entscheidung hat vereinzelt zu Unmut geführt. „Bei mir ist eine Beschwerde aus der Gemeinde angekommen“, sagt Frey. „Wir überlegen seit Jahren, wie wir sparen können. Denn die Kosten für Energie steigen, die Geldzuweisungen vom Stadtdekanat Stuttgart an die Gemeinde jedoch nicht. 185 000 Euro umfasst der Investitionshaushalt der Gemeinde Heilige Familie. Da seien die knapp 5000 Euro, die für das Heizen von Kirche und Gemeindehaus jährlich draufgehen, ein großer Posten. „Ich halte es für sinnvoller, unter der Woche weniger Geld fürs Heizen auszugeben, als dass ich unseren Gruppen das Geld kürze“, sagt Frey.

Diözesanvorgabe: 15 Grad in der Messe

Die seit einigen Jahren von der Diözese Rottenburg-Stuttgart vorgeschriebenen 15 Grad während des Gottesdienstes werden weiterhin eingehalten – an den Gottesdiensten am Wochenende. Samstags und Sonntags wird nämlich weiter geheizt, wie bisher.

15 Grad seien eine gute Temperatur, wenn man im Winter mit Jacke in der Kirche sitze, findet Heiko Merkelbach, der Pfarrer der katholischen Gemeinde St. Hedwig in Möhringen. „20 Grad – das wäre ja geradezu Sünde.“ In Möhringen hat sich noch kein Gläubiger laut über eine zu kalte Kirche beschwert. Zumindest ist zu Merkelbach noch nichts dergleichen durchgedrungen. Seit 2009 versucht sich die Gemeinde immerhin vom Öl- und Gaspreis unabhängig zu machen: Seit dem Bau des Kinderhauses St. Hedwig gibt es dort eine Pelletheizung, an die auch die Kirche und das Pfarrhaus angeschlossen sind.

Wenig Sparpotenzial

Außer im Pfarrhaus sieht Merkelbach jedoch wenig Sparpotenzial bei den Energiekosten. Denn das Kinderhaus ist erst jüngst nach aktuellen Energiestandards gebaut worden. Ein Kirchengebäude mit seinen hohen Decken sei jedoch kaum energieeffizient warm zu halten. Messen etwa ins Gemeindehaus zu verlegen – das geht nicht. „Wir haben am Wochenende im Schnitt 700 Besucher während der Messen“, sagt Merkelbach.