Eines der imposantesten und wertvollsten Gotteshäuser der Welt: der Kölner Dom. Er verursacht pro Tag 33 000 Euro an Kosten Foto: dpa

Seit dem Skandal um den Limburger „Protz“-Bischof Tebartz-van Eltz ist die katholische Kirche in Deutschland auf einem „Transparenz-Trip“. Jetzt hat das Kölner Erzbistum sein Vermögen offengelegt.

Stuttgart - Die Kirchen und das liebe Geld. Es ist ein Kreuz damit. Nach dem Bauskandal um den abgetretenen Limburger „Protz-Bischof“ Tebartz-van Elst hatten die 27 katholischen Bistümer in Deutschland Besserung gelobt und ein Transparenz-Offensive angekündigt. Das Ergebnis liegt inzwischen für alle Diözesen vor.

Kölscher „Gold-Standard“: 3,35 Milliarden Euro

Die Erzdiözese Köln – der reichste Kirchensprengel in Deutschland, vielleicht sogar der Welt –, hat sogar jetzt einen neuen Gold-Standard gesetzt.

Als erstes Bistum haben die Rheinländer nach dem Ende der Karnevalszeit eine von Wirtschaftsprüfern bestätigten Jahresabschluss mit Bilanz sowie Gewinn- und Verlustrechnung veröffentlicht: Rund 3,35 Milliarden Euro Vermögen weist das Zahlenwerk für das Erzbistum und den Bischöflichen Stuhl zum 31. Dezember 2013 aus. Das meiste davon sind Wertpapiere und Immobilien.

Ein Euro für die größte deutsche Kirche

Die größte Preziose des rheinischen Kirchensprengels, der Kölner Dom, der nach mehr als 600 Jahren Bauzeit 1880 fertiggestellt wurde, taucht – man höre und staune – mit nur einem Euro in der Bilanz auf. Ein Euro – für das größte und eindrucksvollste Gotteshaus nördlich der Alpen. Ist das ein Witz? Ist es nicht! Die kirchliche Verwaltung verfährt genauso wie die öffentliche – nämlich nach der sogenannten kameralistischen Bilanzierungsmethode.

Die Feinheiten dieses Systems, bei dem – grob gesagt – Ausgaben und Einnahmen deckungsgleich sein müssen, wollen wir außer acht lassen. Wichtig ist dabei Folgendes: Große Vermögensteile wie Kirchen, Pfarrhäuser und Gemeindesäle werden nicht nach ihrem Verkehrswert ausgewiesen. Die Summen, die in der Bilanzen der Diözesen auftauchen, entsprechen deshalb auch nicht dem tatsächlichen Wert.

Was ist das Haus Gottes wert?

Im Prinzip ist der Dom zu Kölle unbezahlbar. Würde man ihn neu erbauen, könnte das bis zu zehn Milliarden Euro kosten – vorsichtig geschätzt. Damit das unfertige mittelalterliche Gotteshaus irgendwann mal fertig wurde, hatten die schlauen Rheinländer die Dombau-Lotterie erfunden. Zwischen 1842 und 1880 spielte sie 177 000 Taler ein – nach heutigem Wert fast eine Milliarde Euro.

Pro Tag verschlingen die Kosten für Instandhaltung, Personal , Seelsorge und kulturelle Veranstaltungen rund 33 000 Euro. Macht zwölf Millionen per anno. Die Eintrittsgelder für Schatzkammer, Turmbesteigung etc. bringen rund eine Millionen Euro ein. Der Rest kommt aus sonstigen kirchlichen und staatlichen Töpfen.

Warum nur ein Euro?

Ganz einfach: Der mächtige Sakralbau ist unverkäuflich. Selbst wenn irgendein Multimilliardär ihn erwerben wollte, wäre das unmöglich. Man kann den Dom nicht wie ein altes Stahlwerk abmontieren und irgendwo wiederaufbauen.

Außerdem ist das mit Vergleichen so eine Sache. Denn es gibt ganz verschiedene kirchliche Haushalte: Kirchensteuerhaushalt, öffentlicher kirchlicher Verwaltungshaushalt, Vermögenshaushalt des „Bischöflichen Stuhls“, Vermögenshaushalt des Bistums sowie des Domkapitels, Haushalt kirchlicher Stiftungen, Rücklagen der diözesanen Körperschaft et. etc. etc. Den Durchblick haben wohl nur die kirchlichen Kämmerer.

Zwei Beispiele: Rottenburg-Stuttgart und Köln

2013 betrug das Haushaltsvolumen der Diözese Rottenburg-Stuttgart rund 360 Millionen Euro. Der Haushalt speiste sich vor allem aus Kirchensteuern und Staatsleistungen. Daneben verfügt das Südwest-Bistum laut Bilanz über 214,2 Millionen Euro Anlagevermögen und ein sogenanntes Umlaufvermögen von 43,5 Millionen Euro. Hinzu kommt das Vermögen aus einigen Stiftungen. Die meisten Immobilien tauchen in der Bilanz gar nicht auf.

Detaillierter ist die Auflistung der Kölner Erzdiözese: Immobilien (Schulen, Kirchen, Tagungshäuser, 277 Wohn- und Geschäftsimmobilien etc.) im Wert von 612 Millionen Euro. Der größte Batzen: das rund 2,3 Milliarden Euro schwere Wertpapierdepot des Kirchensprengels. Dazu noch 17 Unternehmen, an denen das Erzbistum beteiligt ist, darunter zwei Immobilienunternehmen. Schließlich kommt noch ein Eigenkapital von fast 2,5 Milliarden Euro dazu, rund 1,6 Milliarden Euro davon sind Rücklagen, die aus seinen Gewinnen gebildet werden.

Wertvolle Wohnungen – runtergerechnet

Eines dieser Immobilienfirmen ist die Aachener Siedlungs- und Wohnungsgesellschaft mit 25 000 Wohnungen. Das Erzbistum hält daran einen Anteil von 41,5 Prozent, der mit rund 15 Millionen Euro veranschlagt wird. So weit so gut. Wenn man die Zahlen mal genauer unter die Lupe nimmt, fällt einem Erstaunliches auf.

Setzt man nämlich theoretisch eine Wohnung mit 100 000 Euro Verkaufswert an, so ergibt sich daraus eine Gesamtsumme von 2,5 Milliarden Euro. Davon 41,5 Prozent – macht unterm Strich rund eine Milliarde Euro. Das wären 985 Millionen Euro mehr als offiziell veranschlagt.

Jetzt kann man einwenden, dass der Dom zu Kölle unveräußerlich sei, was stimmt. Doch zumindest die Wohnungen könnte das Erzbistum theoretisch jederzeit verkloppen und damit die Kassen füllen. Man muss allerdings wissen, dass viele kirchlichen Immobilien wie Kirchen und Kapellen nicht versichert sind und es deswegen weder einen Versicherungs- noch einen aktuellen Marktwert gibt. In der Haushaltsbilanz tauchen sie als „Erinnerungsposten“ im Wert von einem Euro oder ähnlichem auf.

Offizielle Zahlen eine "absolute Lachnummer"?

Der Berliner Politologe und Kirchenkritiker Carsten Frerk hat als Erster – und bisher Einziger – versucht, das Realvermögen der katholischen und evangelischen Kirche zu taxieren. Er ist auf eine Summe von „mindestens 170 Milliarden Euro Vermögen“ gekommen – für jede Kirche.

Die offiziellen Zahlen seien, so Frerk, eine „absolute Lachnummer“. Die Kirchen würden ihre Bilanzen „runterrechnen“. Auch wenn zusammen 360 oder ein paar Milliarden mehr eher hypothetischer Natur sind, dürften die offiziellen Zahlen von 3,35 Milliarden Euro allein für Köln sehr konservativ berechnet sein.

Viele Aufgaben – und noch mehr Geld

„Quod erat demonstrandum“ – was zu zeigen war: Die Kirchen haben viele sinnvolle, gesellschaftlich und kulturell wichtige Aufgaben zu leisten. Sie müssen Rücklagen für ihr Personal bilden etc. etc. Dafür müssen sie – zu Recht – stets flüssig sein.

Vielleicht könnten sie manchmal nur ein wenig risikofreudiger sein. „Ich wünsche mir natürlich keine zockende Kirche, aber eine, die etwa im sozialen oder ökologischen Bereich auch mal was riskiert mit ihrem Geld“, meint Matthias Dobrinski, Autor des Buches „Kirche, Macht und Geld“. Dem können wir nur zustimmen.