Die Vizeparteivorsitzende Katja Kipping gab dem baden-württembergischen Landeschef und Kandidaten Bernd Riexinger einen Korb, der Kipping als Wunschkandidatin bezeichnet hatte. Foto: dpa

Vizeparteichefin Kipping lässt Südwest-Landesvorsitzenden Riexinger abblitzen.

Berlin - Im Machtkampf der Linkspartei kommen Stunden vor dem Parteitag am Wochenende in Göttingen immer neue Personalkombinationen zur Besetzung der neuen Doppelspitze auf den Tisch. Die Vizeparteivorsitzende Katja Kipping gab dem baden-württembergischen Landeschef und Kandidaten Bernd Riexinger indes einen Korb, der Kipping als Wunschpartnerin bezeichnet hatte. Der parteilose Bundestagsabgeordnete Wolfgang Neskovic sprach sich dafür aus, dass Kipping gemeinsam mit Partei- und Fraktionsvize Sahra Wagenknecht den neuen Parteivorsitz bildet.

Kipping beteuerte, dass sie bei ihrer gemeinsamen Kandidatur mit der nordrhein-westfälischen Landeschefin Katharina Schwabedissen bleiben werde. Die Doppel-kandidatur der beiden 34 und 39 Jahre alten Frauen stehe für einen Bruch mit dem Lagerdenken und den informellen Männernetzwerken in der Partei, so Kipping: „Davon rücken wir nicht ab und machen nicht in letzter Minute ein Bäumchen-wechsele-dich.“

Der zum linken Gewerkschaftsflügel der Partei zählende Riexinger hatte seine Kandidatur überraschend erklärt. Die stellvertretende Parteivorsitzende Sahra Wagenknecht hatte daraufhin eine Doppelspitze des 56-Jährigen mit Kipping vorgeschlagen. Unserer Zeitung sagte Riexinger: „Ich will die Polarisierung aus der Partei nehmen und verkörpere den linken Aufbruch.“ Es gebe niemanden in der Partei, der leugne, „dass wir nur als gesamtdeutsche, pluralistische Linke eine Zukunft haben“.

"Riexinger ist ein angesehener linker Gewerkschafter mit Organisationserfahrung"

Riexinger, Verdi-Bezirkschef in Stuttgart, nennt den Parteitag am Wochenende „das letzte Signal, dass wir uns wieder der Politik zuwenden – wenn das nicht gelingt, wird es für die Bundestagswahl 2013 ganz schwer.“ Der kurzfristige Erfolg bis zur Wahl sei wichtig; dennoch müsse auch der Parteiaufbau verstärkt werden, „um uns in der Gesellschaft wieder besser zu verankern“. Der 56-jährige Verdi-Mann engagiert sich vor allem in Sozialprotesten. „Ich beziehe eindeutig Position für die Mehrheit der Bevölkerung und nehme es mit Reichen und Vermögenden auf.“ Biografisch gehöre er zu jenen Linken, die in Westdeutschland im gewerkschaftlichen Lager bei den Beschäftigten, im Niedriglohnbereich und bei den Rentnern einen guten Stand hätten. „Ich sehe mich in der Lage, diese für die Linken wieder zurückzugewinnen. Es ist meine zentrale Aufgabe, diesen Leuten wieder eine Stimme zu geben.“

Oskar Lafontaine, der vor zehn Tagen seine Kandidatur zurückgezogen hatte, hält den Gewerkschafter für den Mann der Stunde und unterstützt dessen Kandidatur: „Bernd Riexinger ist ein Mann des Ausgleichs und ein angesehener linker Gewerkschafter mit Organisationserfahrung. Er wird besonders geschätzt wegen seines offenen und fairen Umgangs mit anderen“, sagte Lafontaine unserer Zeitung.

Gewählt wird am Samstag auf dem Parteitag in Göttingen. Die Parteisatzung sieht vor, dass dem Führungsduo mindestens eine Frau angehören muss. Riexinger tritt gegen den 54-jährigen Fraktionsvize Dietmar Bartsch an, der zum Reformflügel gehört. Der Mann aus Mecklenburg-Vorpommern hatte im Interview mit unserer Zeitung die Vielzahl der Kandidaten begrüßt. „Aber wenn es am Ende des Parteitags Sieger und Besiegte gibt, ist die Partei die Verliererin.“ Es gehe um viel mehr als nur um die Bundestagswahl im nächsten Jahr.