Das Ehepaar baut auf seine neue Existenz hinter dem Tresen. Foto: Kathrin Wesely

Jahrelang war der Kiosk an der Haltestelle Vogelsang verwaist. Kürzlich haben ihn Selvana und Ronny Toma Yelda neu eröffnet. Das Ehepaar baut sich damit eine neue Existenz auf.

S-West - Die acht Quadratmeter im Glaskasten sind für Ronny Toma Yelda „eine echte Chance“. Eingerahmt von Haribo-Tieren, Kaugummis und Schokoriegeln tut der 36-Jährige Dienst in seinem neu eröffneten Kiosk an der Haltestelle Vogelsang. Vor drei Wochen haben er und seine Frau Selvana eröffnet. Die beiden wechseln sich ab – im Kiosk und bei der Betreuung ihrer beiden Kinder. Nach Jahren des Leerstandes wird das Büdchen nun endlich wieder bewirtschaftet. Selbst im Bürgerhaushalt war es bedacht worden, und im Leerstandsmelder im Internet dümpelte es bereits seit 2013 herum. Aber jetzt sind ja die Toma Yeldas da.

Ein Kiosk als Start-Up

„Mir war das Häuschen schon vor einer Weile aufgefallen. Es lag auf dem Weg, wenn wir nach Botnang zum chaldäischen Gottesdienst gefahren sind“, berichtet Ronny Toma Yelda. Er und seine Frau sind chaldäische Christen und stammen aus dem Irak. Sie leben schon seit 1997 beziehungsweise 2000 in Deutschland und haben sich erst hier kennen gelernt. Beide haben noch Verwandte in Bagdad, um die sie sich sorgen. „Man kann dort nicht auf den Markt zum Einkaufen, ohne Angst zu haben“, erzählt die 34-jährige Ehefrau. Sie selbst sind in Sicherheit. Aber wirtschaftlich waren die vergangenen Jahre für sie nicht einfach. Mit zwei kleinen Kindern und ohne Job hatten sie Mühe gehabt, über die Runden zu kommen.

Wieso nicht den alten Kiosk wiederbeleben, überlegte Ronny Toma Yelda. Er fand heraus, dass die kleine Immobilie im Besitz der Abfallwirtschaftsgesellschaft Stuttgart (AWS) ist und nahm Kontakt auf. Und siehe da: Er rannte offene Türen ein. „Dort war man froh. Aber sie haben mich auch gewarnt, dass der Kiosk ein schwieriges Geschäft sei.“ Bei der Renovierung hätten ihn Mitarbeiter der AWS „geholfen, wo es ging“. Nach drei Wochen im Verkauf sind die Toma Yeldas zufrieden. „Läuft“, sagt er.

Kleiner Betrieb beflügelt die Fantasie

Die beiden führen das klassische Kiosk-Sortiment aus Süßigkeiten, Tabakwaren, Zeitungen und Getränken. Aber sie haben auch schon Ideen, wie sich das ganze ausbauen ließe. Ronny Toma Yelda denkt an Konserven mit arabischen Lebensmitteln: „Tee, abgepacktes Fladenbrot, Hummus oder so was. Manchmal fragen Kunden nach Fladenbrot. Es gibt hier in der Gegend viele arabische Leute.“ Über einen Großhändler, so der Geschäftsmann, käme er auf Kommission an die Ware. Bislang muss das Betreiberpaar das Geld immer vorschießen. „Besonders Zigaretten sind sehr teuer, und wir haben ja kein großes Startkapital.“ Eine andere Idee ist es, mit einem Bäcker zu kooperieren und belegte Brote anzubieten. Derzeit deklinieren die beiden so manche Kioskvariante durch. Der kleine Betrieb beflügelt ihre unternehmerische Fantasie.

Die Eheleute haben unterdessen nicht bloß das Büdchen wiederbelebt. Die beiden sorgen überdies dafür, dass der stille Ort dahinter wieder einer ist, wo man sich hintraut. „Neulich hat sich eine Mutter bei mir bedankt“, erzählt der Kiosk-Mann. „Wenn sie jetzt mit den Kindern auf dem Spielplatz ist, muss sie nicht extra nach Hause, weil das Kind mal muss.“ Auch der Zustand der Toiletten war übrigens beim Bürgerhaushalt moniert worden. Bleibt zu hoffen, dass die Nutzer das hinreichend zu schätzen wissen und den Toma Yeldas eine treue Kundschaft werden.