Kinder sind am besten auf dem Rücksitz aufgehoben, heißt es beim ADAC. Die Experten raten dazu, das Kind auf den Platz hinter dem Beifahrersitz zu setzen Foto: dpa-tmn

Stiftung Warentest und ADAC haben 37 Autositze getestet. Uns haben die Experten erzählt, wo die Schwachstellen sitzen und worauf Eltern beim Kauf besonders achten sollten.

Berlin - Wie viele Kindersitze braucht ein Kind im Laufe seines Lebens?
Der Kauf von Kindersitzen kann ganz schön ins Geld gehen: Die Preisspanne für die Sitze, die Stiftung Warentest und der Automobilclub ADAC geprüft haben, liegt zwischen 130 und 600 Euro. Da klingt es natürlich verlockend, wenn Hersteller mit Sitzen werben, in denen der Nachwuchs von Geburt bis zum Ende der Kindersicherungspflicht sicher aufgehoben sind. Doch von diesen Allrounder-Modellen raten die Prüfer ab: „Beim Frontalcrash zeigten sich beispielsweise beim Modell Milestone des Herstellers Graco erhebliche Sicherheitsmängel“, sagt Meike Sartorius von der Stiftung Warentest. So kritisierte der ADAC, dass der Sitz nicht stabil im Auto zu befestigen und obendrein schwer ist. Mal kurz den Sitz mit Kind aus dem Auto zu heben, funktioniert bei schweren Modellen ohne Tragebügel nicht, sagt auch Warentesterin Sartorius. Daher raten die Warentester zu nacheinander zwei oder drei Autositzen. „Am besten ist es, man nimmt ein Modell für die ersten vier Lebensjahre des Kindes“, sagt Sartorius. So gibt es beispielsweise Babyschalen für Kinder von bis zu 13 Kilogramm. Die lassen sich in der Regel auch gut aus dem Auto heben. Dann wechselt man zu einem mitwachsenden Sitz der Gruppe I, II oder III – also von 9 bis 36 Kilogramm Körpergewicht.
Wo zeigten sich beim Crashtest die meisten Schwachstellen?
Die Gurte und auch der Fangkörper bergen bei manchem Kindersitz Gefahren: Beim Modell „LCP Kids Saturn iFix“ etwa schnitt der Beckengurt beim Aufprall in den Bauchraum. „Dies kann zu schweren inneren Verletzungen führen“, sagt Sartorius. Beim Modell „Casualplay Multipolaris Fix“ konnte der Fangkörper, der wie ein Tisch vor dem Bauch des Kindes liegt, das Kind nicht in sicherer Position halten. Zwei weitere Modelle – der Joolz iZi Go Modular und das baugleiche Modell mit Isofix-Befestigung – fielen ebenfalls durch, weil in ihren Bezügen das Flammschutzmittel TCPP nachgewiesen werden konnte, das als krebserregend gilt. „Wir haben den Hersteller kontaktiert, bislang aber keine Antwort von ihm erhalten“, sagt Sartorius. Doch grundsätzlich sind die Tester zufrieden: 22 von 37 Sitzen haben schließlich mit der Note „gut“ abgeschnitten.
Wo sollten Kinder im Auto sitzen?

Kinder sind am besten auf dem Rücksitz aufgehoben, heißt es beim ADAC. Die Experten raten dazu, das Kind auf den Platz hinter dem Beifahrersitz zu setzen. Auch der Platz in der Mitte ist geeignet, denn dann kann das Kind immer auf der Seite zum Fußweg aus- oder einsteigen. Die Stiftung Warentest ist da weniger streng: Vor allem rückwärtsgewandte Babyschalen können auch auf dem Beifahrersitz befestigt werden. „Dann sollte aber unbedingt der Airbag ausgeschaltet werden“, sagt Sartorius.

Worauf muss beim Kauf eines Kindersitzes geachtet werden?
Wer sich einen Kindersitz zulegen will, sollte diesen zur Probe ins eigene Auto einbauen und das Kind einmal darin befestigen. „Nicht jeder Kindersitz passt gleich gut in jedes Fahrzeug“, heißt es beim ADAC. Insbesondere bei Babyschalen, die rückwärtsgerichtet eingebaut werden, sollte geprüft werden, ob die Gurtlänge im Auto ausreicht. Ein Check der Prüfsiegels zeigt, ob der Sitz nach der aktuellen Prüfnorm ECE R 44/04 zugelassen ist. Diese gilt für Sitze nach Körpergröße. Für Sitze nach Körpergewicht gilt die Norm ECE R44.
Ist es sinnvoll, gebrauchte Kindersitze zukaufen?
Auf Online-Verkaufsplattformen werden ausgediente Kindersitze zu Schnäppchenpreisen angeboten. Zugreifen oder nicht? Die Stiftung Warentest lehnt es ab: „Zu groß ist die Gefahr, dass man einen Sitz erwischt, der schon einmal in einem Unfallwagen war“, sagt die Warentest-Expertin Sartorius. Dann sind sie nicht mehr zu gebrauchen, selbst wenn sie äußerlich unversehrt sind. Schon kleinste Haarrisse im Material sind ein Sicherheitsrisiko. Problematisch ist auch, dass bei vielen gebrauchten Sitzen die Bedienungsanleitung oft nicht mehr dabei ist. Der ADAC rät aus diesem Grund, nur im Freundeskreis oder innerhalb der Familie Sitze aus zweiter Hand zu nehmen.
Dürfen im Ausland in Deutschland gekaufte Kindersitze benutzt werden, oder gelten da andere Bestimmungen?
Wer mit dem Auto im europäischen Ausland unterwegs ist, wird mit einem in Deutschland gekauften Kindersitz keine Probleme haben, sagt Meike Sartorius von der Stiftung Warentest. Die Prüfnorm, der die Sitze unterliegen, gelten für 60 Staaten.
Wie wird die Autofahrt noch kindersicherer?
Die moderne Technik kann am Ende nicht das größte Risiko in Straßenverkehr kontrollieren: den Fahrer. Laut Unfallstatistik verursachen noch immer Alkohol und das Überschätzen der eigenen Fähigkeiten die häufigsten Fahrfehler. Auch krank oder allergiegeplagt sollte man nicht ins Auto steigen. Die Konzentration und das Reaktionsvermögen lassen da stark nach. Auch Gefühle wirken sich auf das Fahrverhalten aus: Daher raten Experten beispielsweise den Ärger aus dem Büro nicht auf die Heimfahrt zu nehmen. Im Sommer sind zudem Klimaanlagen ratsam – um wach und konzentriert zu bleiben. Vor allem auf monotonen Autobahnstrecken passiert es immer wieder, dass Fahrer einnicken, warnen Unfallforscher. Dann hilft kein Spurassistent, dann hilft eine Pause.
Online ist die Datenbank verfügbar, mit mehr als 400 Kindersitz-Modellen, die Stiftung Warentest bislang geprüft hat: https://www.test.de/Autokindersitze-im-Test-1806826-0/