Sie haben einen Platz gefunden – doch Tausende Kinder in Stuttgart kommen nicht in die Kindertagesstätte Foto: dpa

Die Kindertagesstätten-Plätze für den kommenden Herbst sind in Stuttgart weitgehend vergeben. Über das Verfahren gibt es in der Elternschaft aber große Unzufriedenheit.

Die Kindertagesstätten-Plätze für den kommenden Herbst sind weitgehend vergeben. Über das Verfahren gibt es in der Elternschaft aber große Unzufriedenheit.

Stuttgart - „Der Gesamtelternbeirat ist offenbar erst im Januar darüber unterrichtet worden, dass die Vergabekriterien verändert wurden“, sagt eine Mutter. Die Neuerung hat sie kalt erwischt, denn ihre Tochter wurde Ende September 2013 geboren und wird deshalb bei der aktuellen Platzvergabe nicht berücksichtigt.

Neu bei der Vergabe der Plätze ist, dass Kinder, die vor dem 1. August ein Jahr alt werden, den Vorrang haben. Jüngere Kinder bekommen zwar noch einen Platz, wenn die Wartelisten um die Mehrfachanmeldungen bereinigt sind, doch dann baut sich eine neue Hürde auf: Die zur Verfügung stehenden Plätze für Ein- bis Sechsjährige werden nicht mehr allein nach Notwendigkeit vergeben. Stattdessen gibt es für die Kinder im Alter zwischen zwölf und 18 Monaten nur noch die Hälfte aller zur Verfügung stehenden Plätze, für die Drei- bis Sechsjährigen die andere Hälfte. „Das System ist so verwirrend, dass wir uns fast schon die alte Vergabe durch die Einrichtungen selbst zurückwünschen“, sagt die Sprecherin des Gesamtelternbeirats, Monika Schneider.

Eine Kita in Zuffenhausen hat nach Angaben der Eltern gerade mal zwölf freie Plätze, aber 180 Kinder auf der Warteliste. „Ich hatte meine Tochter gleich nach der Geburt angemeldet, und nach den bisherigen Vergabekriterien wäre sie jetzt ziemlich weit vorn auf der Warteliste. Nach den neuen Richtlinien aber habe ich keine Chance auf einen Platz“, sagt eine Mutter. Sie glaubt nun, dass sie „frühestens mit zwei“ unterkomme.

Jugendamtsleiter Bruno Pfeifle bedauert den Engpass, verteidigt aber das neue Verfahren. „Früher wurden in erster Linie die älteren Kinder aufgenommen, was aber für die Einrichtungen verheerende Auswirkungen hatte, weil diese Kinder oft schon nach einem Jahr in eine neue Gruppe mussten. Das brachte viel Unruhe hinein.“

Rein theoretisch könnten Betroffene jetzt den Rechtsweg beschreiten und ihren Rechtsanspruch auf einen Betreuungsplatz einklagen. Doch wo kein Platz ist, kann auch keiner eingeklagt werden. Und dass die Situation unbefriedigend bleibt, stellt die Stadt in ihren Vergaberichtlinien offen dar: „Aller Voraussicht nach werden leider auch im Kindergartenjahr 2015/16 noch nicht alle Betreuungsbedarfe für unter Dreijährige erfüllt werden können.“ Außerdem ist irgendein Platz irgendwo in der Stadt nicht für alle eine Lösung.

Wie brennend das Problem ist, offenbarte ein Vertreter des Jugendamts in der Sitzung des Gesamtelternbereirats: Nach dessen Aussagen sind 800 Zusagen für Kinder bis drei Jahre und 1200 Zusagen für Drei- bis Sechsjährige versandt worden. Die Zahl der Absagen habe bei 6000 gelegen, in erster Linie an Eltern von Kleinkindern. Eine Hoffnung bleibt: „Im November sollen die Fertigbauten an neun Standorten in Betrieb gehen. Damit hätten wir rund 500 Plätze zusätzlich für Kleinkinder“, so Pfeifle. Erst im Lauf des Sommers werden die Wartelisten abgeglichen. Dann steht fest, wie hoch der Bedarf ist und ob er, wie erwartet, erneut gestiegen ist. Die 6000 Absagen lassen es vermuten.