Das Stromnetz in Kernen gehört jetzt dem Remstalwerk. Foto: Patricia Sigerist

Die Verträge des Remstalwerks mit der EnBW über das Stromnetz sind unterzeichnet. Sie bergen allerdings negative Überraschungen beim Preis und beim späteren Vollzug.

Kernen - Die Tochtergesellschaft Netze BW der EnBW hat sich zuletzt noch einmal gegenüber dem Remstalwerk durchgesetzt, wie aus einer Vorab-Veröffentlichung des gestrigen Vertragsabschlusses hervorgeht. Erst zum 1. Januar 2017 soll das Stromnetz in die Hand des Remstalwerks GmbH & Co. KG der Gemeinden Kernen, Remshalden, Winterbach und Urbach übergehen. Ein Jahr später als geplant. Der Atomkonzern EnBW verdient also noch ein Jahr länger am einträglichen Geschäft mit dem Stromnetz. Die Schuld am verspäteten Übergang der Stromleitungen, Erdkabel, Transformatoren und Verteilerstationen in die öffentliche Hand wird in einem internen Papier, das unserer Redaktion vorliegt, der EnBW-Tochter und von ihr demnach verschleppten Verhandlungen zugeschrieben.

Kaufpreis für Stromnetze zu hoch

Auch sonst verlief der Vertragsabschluss nicht so, wie sich die Gemeinden und ihre Bürgermeister das vorstellten. In den Unterlagen wird offen Kritik geübt: Die EnBW AG habe ihre Marktmacht ausgenutzt und einen, jedenfalls im Vergleich zu anderen vergleichbaren Netzkaufverträgen, viel zu hohen Kaufpreis für die Stromnetze verlangt, heißt es dort. Öffentlich ist der Kaufpreis bisher nicht genannt worden, aber die erwähnte Quelle beziffert die Kosten für die vier Gemeinden und drei Unternehmensgesellschafter, die Stadtwerke Fellbach und Schorndorf sowie das Alb-Elektrizitätswerk in Geislingen auf 19,9 Millionen Euro. Dabei stehen dem nominellen Kaufpreis von mehr als 21 Millionen Euro die Übertragung von Baukostenzuschüssen ans Remstalwerk in Höhe von mehr als 1 Million Euro gegenüber. Gegen dieses Preisdiktat mehrere Jahre lang für teures Geld zu klagen, ohne dass ein Sieg vor Gericht sicher sein könnte, schien keine aussichtreiche Alternative zu sein.

Kritik am Verhandlungsergebnis

Es braucht unter diesen Vorzeichen nicht mehr zu verwundern, dass aus der entscheidenden, offenkundig deutlich verlängerten nichtöffentlichen Gemeinderatssitzung in Kernen, aus der ansonsten keine Details nach außen drangen, immerhin von vereinzelter, aber heftiger Kritik am Verhandlungsergebnis zu hören war. Dass dieses deutlich hinter den Erwartungen zurückblieb, wird vor allem auf den von der Netze BW verlangten Aufschlag von 35 Prozent auf den kalkulatorischen Restwert des Netzes, was als der eigentliche Wert des Netzes bezeichnet wird, zurückgeführt. Dieser Aufschlag wird bei der Berechnung des Netzentgelts durch die Regulierungsbehörde nicht anerkannt und führt daher zu einer finanziellen Belastung des Remstalwerks und damit deren Eigner, letztlich also der Gemeindefinanzen. Die Mehrbelastung wird in den Unterlagen auf 6,3 Millionen Euro beziffert. Die in den Gemeinderäten bereits beschlossene Gründung der Remstalwerk-Tochter als Netzgesellschaft dient demnach dazu, die Erhöhung des Eigenkapitals noch etwas zu vermindern und dafür mehr Kredite aufzunehmen.

Was für ein einträgliches Geschäft die Stromnetze im Gegensatz zum Stromvertrieb und den Kraftwerken sind, illustriert eine überraschende Tatsache: Wenn die Jahresergebnisse bis ins Jahr 2033 zusammengenommen betrachtet werden, ergibt sich trotz des großen Kaufpreisaufschlags in allen Prognosemodellen schließlich doch noch ein positives Geschäftsergebnis. Um dies zu erzielen, haben die drei Unternehmensgesellschafter vorgeschlagen, zwei Betriebsführungsverträge zunächst für die Dauer von vier Jahren zu schließen. Damit kann das Remstalwerk, obwohl es eine Neugründung ist, einen sicheren Stromnetzbetrieb aufbauen.