Himmelslaternen beim Start Foto: dpa

Brandgefährliche Mini-Ballone nicht mehr verboten - Zuständige Stellen wissen davon nichts.

Stuttgart - Das Aufsteigenlassen brandgefährlicher Himmelslaternen ist im Land nicht mehr verboten, wie es die Behörden behaupten. Seit Monaten fliegen die Mini-Ballone durch eine Rechtslücke, die das Innenministerium nun schließen will.

Die aus China stammenden Papierlampions, die romantisch veranlagte Menschen gerne anlässlich von Hochzeiten oder anderen Festen in den Nachthimmel steigen lassen, haben schon einiges Unheil angerichtet. Vergangenes Jahr starb in Siegen ein zehnjähriger Junge bei einem Wohnhausbrand, den eine auf dem Wintergarten gelandete Himmelslaterne verursacht hatte, an einem Wohnhaus in Freiburg entstand ein Brandschaden in Höhe von 300.000 Euro. Zwei Vorfälle von mehreren, die inzwischen 14 der 16 Bundesländer dazu bewogen haben, die Himmelslaternen ausdrücklich zu verbieten.

In Baden-Württemberg gibt es kein ausdrückliches Verbot

Baden-Württemberg hat bislang kein ausdrückliches Verbot erlassen. Dies sei auch gar nicht nötig, hieß es lange Zeit, weil man die Mini-Heißluftballone als "ungesteuerte Flugkörper mit Eigenantrieb" einstufe, deren Kauf zwar erlaubt, für deren Benutzung aber die Erlaubnis eines Regierungspräsidiums als zuständiger Luftfahrtbehörde nötig sei. Die vier Regierungspräsidien im Südwesten würden eine solche Erlaubnis allerdings in aller Regel nicht erteilen, und zwar aus Brandschutzgründen. Wer dennoch Himmelslaternen in den Himmel steigen lasse, so die Behörden weiter, müsse mit einem Bußgeld in Höhe von bis zu 50.000 Euro rechnen.

So weit die Rechtslage, wie sie noch heute auf der Homepage des Stuttgarter Innenministeriums zu finden ist und wie sie von den Regierungspräsidien und Kommunen im Land noch immer propagiert wird - mit einem entsprechenden Verweis auf die Homepage des Innenministeriums. Doch diese Darstellung ist falsch, weil überholt. Mit Wirkung zum 28.Januar dieses Jahres hat die Bundesregierung durch eine Änderung der Luftverkehrsordnung (LuftVO) klargestellt, dass Himmelslaternen nicht als Luftfahrzeuge im Sinne der Verordnung eingestuft werden dürfen.

Laternen-Fans könnten sich künftig dumm stellen

Damit wurde der ohnehin schon wackligen juristischen Interpretation des Landes in Sachen Himmelslaternen vollends der Boden entzogen, denn "damit entfällt grundsätzlich die Genehmigungspflicht, außer in einem Umkreis von 1,5 Kilometern von Flughäfen", wie Karl Franz, Sprecher des Umwelt- und Verkehrsministeriums sagt. Bei den zuständigen Stellen ist diese Erkenntnis aber erst jetzt, also rund ein halbes Jahr später, durch eine Anfrage unserer Zeitung angekommen. "Wir haben das so nicht wahrgenommen", räumt ein Sprecher des Regierungspräsidiums ein. Soll heißen: Die Behörde hat weiterhin anfragende Himmelslaternen-Freunde auf die angebliche Genehmigungspflicht hingewiesen und darauf, dass man eine solche Genehmigung nicht erteilen werde.

Daraufhin sahen die Anfragenden von einem Antrag ab, so dass es letztlich "noch nie zu einem formalen Genehmigungsverfahren kam", wie der Sprecher des Regierungspräsidiums sagt. Wie man mit solchen Anfragen künftig umgehen werde, konnte der Sprecher noch nicht sagen. Man werde aber sicher weiter vor den Himmelslaternen warnen, auch wenn es formal keine Genehmigungspflicht mehr gibt. Es dürfte der Behörde aber schwerfallen, auch künftig Bußgelder gegen jene zu verhängen, die trotzdem Laternen steigen lassen. Schließlich drucken die Verkäufer in der Regel keine Warnhinweise auf die Tüten. Laternen-Fans könnten sich also dumm stellen. Wenn allerdings die Laternen Schaden anrichten, dürfte eine Bestrafung auch künftig gleichwohl möglich sein, sofern man dem "Täter" nachweisen kann, dass er die Gefahren, die von solchen Laternen ausgeht, hätte kennen müssen.

Innenministerium drängt auf Verbot der Himmelslaternen

Wie aber konnte es passieren, dass die Regierungspräsidien als Landesbehörden monatelang nicht wissen, was die Landesregierung längst weiß? Das Innenministerium habe zwar in einer Mail auf die Tatsache, dass die LuftVO geändert wurde, hingewiesen, verteidigt man sich im Regierungspräsidium. Nicht aber darauf, was diese Änderung konkret bedeute. Es habe nur geheißen, die Himmelslaternen seien in der Verordnung nun ausdrücklich erwähnt.

Vielleicht hat das Innenministerium erst später begriffen, welche juristischen Folgen die Änderung hat. Jedenfalls drängt man dort inzwischen auf ein ausdrückliches Verbot, um die Rechtslücke zu schließen. Die FDP-Fraktion hat den entsprechenden Entwurf einer Polizeiverordnung, der Bußgelder bis zu 5000 Euro vorsieht, bereits durchgewunken. Die CDU-Fraktion allerdings hat das Thema kürzlich auf einen Termin nach der Sommerpause vertagt. Die Rechtslage in Sachen Himmelslaternen bleibt also erst einmal weiterhin in der Schwebe.