Kartoffeln kommen nicht aus dem Supermarkt, sondern aus der Erde. Foto: Frank Eppler

Beim Kartoffelfest auf einem Acker am Ortsrand von Murrhardt-Hinterbüchelberg erzählt eine Bäuerin von früher. Die Kinder packen fleißig mit an beim Ernten der Erdäpfel.

Murrhardt - Die gibt’s doch beim Kaufland“, sagt ein Steppke und deutet mit dem Zeigefinger seiner rechten Hand auf einen prall gefüllten Sack Kartoffeln. Ein paar andere Kinder haben die Knollen eben aus der Erde des Ackers am Ortsrand von Murrhardt-Hinterbüchelberg geklaubt. Der Bub ist offenbar ein bisschen später als die anderen eingetrudelt beim Kartoffelfest, das die Bäuerin Margret Heinz und die Naturparkführerin Ruth Bohn an diesem heißen Nachmittag für in den Ferien daheim gebliebene Kinder während der Ferienzeit veranstalten.

Die Buben und Mädchen sollen hautnah nicht nur miterleben, wie anno dazumal die Kartoffeln aus dem Acker geholt worden sind, sie sollen auch selbst Hand anlegen – was einige mit Feuereifer tun. Margret Heinz sagt, sie wolle mit solchen Aktionen erreichen, dass die Kinder lernen: viele Lebensmittel müssen wachsen, sie kommen nicht direkt aus dem Supermarkt, auch nicht aus dem Kaufland, sondern aus der Landwirtschaft. Man müsse etwas dafür tun, dass das Essen auf dem Tisch lande. Zum Beispiel mit ordentlich Kraft die sogenannte Grabgabel in den Boden rammen, das Kraut der Kartoffelpflanzen packen und ordentlich dran ziehen – dann kullern die Kartoffeln ans Tageslicht. Manche Erdäpfel werden sofort in große Säcke abgefüllt, anderen landen im Lagerfeuer und werden später verspeist.

Josua ist zehn Jahre alt, er ist der fleißigste Helfer beim Kartoffelfest und erzählt, dass er oft mit seinem Opa Traktor fahre. „Macht Spaß“, sagt er. Aber will er später mal Bauer werden? Eher nicht. „Ich bin ein Tüftler, ein Ingenieur“, sagt er. Er feile zurzeit an der Konstruktion für eine Seifenkiste.

Margrit Heinz ist in einer Bauernfamilie in Hinterbüchelberg aufgewachsen. Den Acker, auf dem die Kinder sich jetzt die schönsten Kartoffeln aussuchen, um später Figuren daraus zu basteln, kennt die 54-jährige Mutter und Großmutter seit ihrer frühesten Kindheit. „Wir mussten immer mithelfen.“ Während der Ferien in den Urlaub fahren oder ein Kartoffelfest feiern? Das war nicht drin. Die kleine Margrit hat schon lange bevor sie in die Schule gekommen ist, Kartoffeln von diesem Acker gerntet und dabei die grandiose Fernsicht über den Schwäbischen Wald genossen, von Anfang Juli bis in den Herbst hinein. „Als ich 13 oder 14 Jahre alt war“, erzählt sie und lacht über das ganze Gesicht, „wollte ich auf keinen Fall später mal einen Bauern heiraten“. Es kam anders. „Wo die Liebe halt hin fällt“, sagt die Nebenerwerbslandwirtin zur Erklärung. Sie ist offenkundig ganz zufrieden mit ihrem Leben.

Wo die vielen Kartoffeln denn verkauft werden, will ein Kind wissen. Die jährlich geschätzt fünf bis sechs Tonnen werden fast komplett in dem kleinen Selbstbedienungslädle der Familie in der Marktstraße im Murhardter Stadtteil Fornsbach verkauft, auf dem Hof des Mannes, den Frau Heinz einst geheiratet hat. Ein Mädchen erzählt, dass es später unbedingt Bäuerin werden wolle. Paula wohnt auch in Fornsbach und hofft, dass sie dann ganz oft Zeit zum reiten haben wird.