KSC-Sportdirektor Jens Todt verspricht dem Hamburger SV, dass die Karlsruher in der Relegation ein unangenehmer Gegner sein werden Foto: dpa

Sportchef Jens Todt spricht über die Entwicklung des Karlsruher SC, die Relegation gegen den Hamburger SV und die Investitionen des Noch-Zweitligisten in die Jugend.

- Herr Todt, Sie haben früher für den VfB und den SC Freiburg gespielt. Haben Sie den letzten Spieltag der Bundesliga mit einem lachenden und einem weinenden Auge gesehen?
Ich habe Konferenz geschaut, das war enorm spannend. Jedes Tor hat die Tabelle komplett durcheinandergewürfelt. Für den SC Freiburg tut es mir total leid – erst der Sieg gegen den FC Bayern, und dann fehlt am Ende doch ein Tor. Aber ich bin mir sicher, dass die Freiburger zurückkommen werden.
Was ist mit dem VfB Stuttgart?
Er hatte eine schwierige Saison mit vielen Tiefen. So etwas zu überstehen, das kann einen stärker machen.
Ihr Präsident Ingo Wellenreuther wünschte sich für die Relegation lieber einen anderen Gegner als den VfB.
Für die Fans wäre es ein besonderes Duell gewesen, und für die Sicherheitsbehörden auch. Das ist uns erspart geblieben.
Also sind Sie froh, dass es nun gegen den Hamburger SV geht?
Wir nehmen, wie’s kommt. Die Relegation bringt uns zwei Bonusspiele. Darauf freuen wir uns riesig.
Und wie wird es enden?
Die Geschichte der Relegation zeigt, dass sich in der Regel der Bundesligist durchsetzt. Auch wir sehen uns eher als Junior-Partner, aber das macht uns nichts aus. Wir können ein unangenehmer Underdog sein.
Warum?
Wir sind in der Defensive sehr gut organisiert, das gehört zur DNA dieser Mannschaft und ist unsere Basis. Zudem sind wir auf dem Platz eine echte Einheit.
Und vorne hilft Torjäger Rouwen Hennings.
Er hat in der Tat einen Wahnsinnslauf. Aber es dürfen jetzt gerne auch mal andere ran.
Die Entwicklung des KSC ist beachtlich. 2013 spielte die Mannschaft noch in der dritten Liga, nun klopft sie an die Tür zur Bundesliga. Was ist in dieser Zeit passiert?
Von Vorteil ist, dass auf den wichtigen Positionen Kontinuität herrscht.
Welche sind das?
Im Präsidium. Im Trainer-Team – unser Cheftrainer Markus Kauczinski zum Beispiel ist schon seit 14 Jahren im Verein. Und auch in der Mannschaft. Das Gerüst des Teams stammt noch aus der dritten Liga, da sind einige erfahrenere Spieler dabei, die nun auf dem zweiten Bildungsweg eine tolle Karriere machen. Wir haben die Mannschaft durch viele Talente, die oft aus den zweiten Mannschaften etablierter Bundesligisten zu uns gekommen sind, ergänzt. Diese Mischung funktioniert derzeit.
Welche Rolle spielt der Trainer?
Die wichtigste. Markus Kauczinski leistet mit seinem Team Top-Arbeit. Dank einer Mischung aus Herzlichkeit und Autorität hat er eine sehr gute Mannschaftsführung, da merkt man seine 20-jährige Erfahrung. Er ist eine echte Trainer-Persönlichkeit.
Was würde passieren, wenn Ihre Mannschaft den Aufstieg schaffen sollte?
Dann würde sie trotzdem ihr Gesicht behalten. Es würde eine Blutauffrischung geben, aber im Wesentlichen bleibt der Kader so beisammen – egal, ob wir die Sensation ge- gen den Hamburger SV schaffen oder nicht.
Bis auf Reinhold Yabo haben alle Spieler Verträge für die zweite Liga. Könnten Sie auch alle halten?
Einerseits können wir jeden halten, der einen Vertrag hat.
Auch Rouwen Hennings?
Ja. Aber andererseits ist unser Etat auf Kante genäht. Deshalb muss sich der KSC immer genau überlegen, was er macht, wenn ein Angebot eingeht.
Gibt es Interessenten für einen Ihrer Spieler?
Ja, aber Details dazu verraten wir nicht.
In der zweiten Liga lag der Lizenzspieler-Etat des KSC bei rund 7,5 Millionen Euro . . .
. . . und damit näher beim FSV Frankfurt und bei Erzgebirge Aue als an einem der größeren Vereine.
Und trotzdem reichte es zu Platz drei.
Weil bei uns vieles gepasst hat. Weil die Mannschaft auf dem Platz einen klaren Plan hat. Und weil die Neuen gut eingeschlagen haben, wofür man natürlich auch immer ein wenig Glück braucht.
War die zweite Liga schwächer besetzt als in der Vergangenheit?
Das würde ich nicht sagen. Ich finde unsere zweite Liga bärenstark. Spieler, die aus dem Ausland in diese Klasse kommen, brauchen zu Beginn oft einige Zeit, um sich an das Tempo und die Physis zu gewöhnen.
Wie hoch wäre Ihr Etat in der Bundesliga?
Er würde sich vermutlich verdoppeln.
Auf 15 Millionen Euro? Das ist nicht viel.
Wir wären ein ebenso krasser Außenseiter wie es diese Saison der SC Paderborn war.
Der SC Paderborn ist abgestiegen.
Der Abstieg droht doch allen Zweitligisten, die zwar nach oben kommen, dort den Etablierten aber so massiv unterlegen sind.
Nimmt einem das nicht die Lust?
Nein, warum? Eintracht Braunschweig zum Beispiel hat das doch klasse gemacht. Der Verein hat sich in der Bundesliga toll geschlagen, die wirtschaftliche Basis gestärkt und ist nun ein stärkerer Zweitligist, als er es vor dem Aufstieg war.
Auch den Karlsruher SC drücken rund fünf Millionen Euro Verbindlichkeiten . . .
. . . die wir in der ersten Liga eventuell zum Teil abbauen könnten. Aber eigentlich will ich gar nicht so viel über einen möglichen Aufstieg sprechen. Lassen Sie uns doch jetzt erst mal die Relegation spielen. Dann sehen wir weiter.
Eine Entscheidung für die Zukunft ist gefallen: Der KSC bekommt ein neues Stadion.
Und das ist für uns überlebenswichtig. Mit dem Wildparkstadion sind wir nicht mehr konkurrenzfähig, ohne neues Stadion wird es mittelfristig keinen Profifußball in Karlsruhe mehr geben. Man kann diesen Wettbewerbsnachteil nicht über viele Jahre ausgleichen. Irgendwann ist man dann fällig.
Der Umbau soll bis 2019 dauern . . .
So lange müssen wir uns durchkämpfen. Die Entscheidung für den Umbau war für den KSC dennoch die wichtigste seit Jahren.
Trotzdem bleibt viel zu tun.
Das wissen wir. Wir wollen uns ja in allen Bereichen verbessern. Unser Ticketing etwa ist in diesen Tagen an der Grenze der Belastbarkeit. Was uns an Manpower noch fehlt, gleichen unsere Mitarbeiter mit Herzblut aus.
Wo gibt es noch Baustellen?
Wir haben eine Ein-Mann-Presseabteilung und eine Ein-Mann-Scouting-Abteilung. Lothar Strehlau ist 70 Jahre alt und mit enormem Einsatz dabei, ihm ist kein Weg zu weit. Kleine und bewegliche Einheiten haben zwar den Vorteil, dass wir schnell Entscheidungen treffen können und stets handlungsfähig sind, wir können bestimmte Märkte aber gar nicht erfassen.
Gilt das auch für den Nachwuchs? Immerhin stand die A-Jugend des KSC im Halbfinale um die Deutsche Meisterschaft.
Das war ein riesiger Erfolg für uns, schließlich sind wir umgeben von Vereinen wie dem VfB Stuttgart, dem SC Freiburg, 1899 Hoffenheim oder dem FSV Mainz, die ebenfalls Top-Nachwuchsleistungszentren haben.
Was setzt der KSC dagegen?
Wir stecken rund zwei Millionen Euro pro Jahr in die Nachwuchsarbeit. Das ist für einen Verein unserer Größe überproportional viel, aber im Vergleich zur Konkurrenz natürlich trotzdem wenig. Wir haben vergleichsweise wenig Hauptamtliche. Dafür arbeiten auch hier alle mit unglaublich viel Herzblut. Wir bieten zwar etwas weniger Hochglanz als die Konkurrenz, dafür schätzen die Eltern und die talentierten Kinder die hohe Glaubwürdigkeit unserer Mitarbeiter. Und darauf sind wir stolz.