LBBW-Chefvolkswirt Uwe Burkert rät, den Aktienanteil zu erhöhen. Foto: Kern

Der Deutsche Aktienindex (Dax) bleibt 2015 auf Rekordjagd, sagt LBBW-Chefvolkswirt Uwe Burkert voraus. Die privaten Anleger profitieren davon kaum, weil sie Aktien meiden. Ein Fehler, sagt der Ökonom.

Stuttgart - Die deutschen Sparer sind auf dem falschen Weg. Sie resignieren angesichts der extrem niedrigen Zinsen und sparen weniger. „Auf Kosten der Zukunft heute Geld auszugeben ist nicht der richtige Weg“, warnt Uwe Burkert, Chefvolkswirt der Landesbank Baden-Württemberg (LBBW). Auch zu hoffen, dass die Zinsen in den nächsten zwei Jahren steigen werden, führe ins Abseits. Solange die Europäische Zentralbank das Geld verbillige, ziehe der deutsche Sparer mit seiner Vorliebe für Geldanlagen den Kürzeren.

Anleger sollten einen größeren Anteil ihres Vermögens als bisher in Aktien halten, um von den Steigerungen am Aktienmarkt zu profitieren, rät Burkert. Durch die niedrigen Zinsen entstehe bei vielen eine Lücke in der Altersversorgung.

Ohnehin sehen die deutschen Sparer die Aktie vor allem als Spekulationsobjekt – als Anlage, mit der man auf den schnellen Gewinn setzt, moniert Burkert und fordert für ein Umdenken. Die Aktie sei als Unternehmensbeteiligung ein langfristiges Investment. Seine Empfehlung: Anleger sollten mit ruhiger Hand bis zu 25 Prozent ihres Vermögens in Aktien aufbauen. Hierzu eigne sich etwa ein Aktien-Sparplan. „Ich habe die Hoffnung, dass das niedrige Zinsniveau viele nachdenklich werden lässt“, sagt der Chefvolkswirt.

Die Rahmenbedingungen für eine fortgesetzte Erholung von Konjunktur und Aktienmärkten erscheinen den LBBW-Analysten günstig. Sie erwarten, dass der Dax bis Ende 2015 auf 10 500 Punkte steigt. Der überraschend starke Ifo-Index hat gestern den deutschen Leitindex auf über 9800 Punkte gehoben.

Die heimischen Konzerne sollten nächstes Jahr vor allem von zwei Entwicklungen profitieren: von der Abwertung des Euro und vom sinkenden Ölpreis. „Die britische und die amerikanische Notenbank werden wohl bereits im ersten Halbjahr ihre Leitzinsen anheben“, erwartet Burkert. Entsprechend werde die Euroabwertung weitergehen. Ende 2015 sieht er den Euro bis auf 1,15 Dollar gedrückt. Das wäre der tiefste Stand seit elf Jahren.

Die deutschen Exporteure dürfte das freuen, zumal sie stark in den Wachstumsmärkten USA und China aktiv sind. Der niedrige Ölpreis wiederum entlastet die Weltwirtschaft 2015 nach Berechnung der LBBW-Analysten um 0,7 Prozent. „Der sinkende Ölpreis ist für die Industrieländer wie eine groß angelegte Steuererleichterung anzusehen“, sagt Burkert.

Dennoch mahnt er die Politik zum Handeln, um die Investitionen zu stärken. „Ein einfaches weiter so wird 2015 nicht ausreichen.“ Einige Rahmendaten müssen geklärt werden, fordert Burkert und spricht konkret die Energiewende an, die Finanzverteilung zwischen Bund und Ländern, die Bildungspolitik und die Digitalisierung. Auch steuerliche Fragen mit Blick auf das Erbschaftsteuerrecht sollten geklärt werden. Die Liste ließe sich beliebig verlängern. „Mit Risiken können Unternehmen umgehen“, so der Chefvolkswirt. Damit Unternehmen investieren, müssten jedoch die Rahmenbedingungen verlässlicher werden. „Die Politik muss die Unsicherheit zurückfahren.“

Für die Eurozone prognostiziert die LBBW für das Jahr 2015 ein Wachstum in Höhe von 0,8 Prozent, für Deutschland wird ein Wachstum von 1,2 Prozent erwartet und für die USA von 3,2 Prozent. Den Aufschwung in den USA schätzen die Analysten als sehr robust ein. Für einige Branchen wie die chemische Industrie und die Investitionsgüterindustrie seien die USA wieder Investitionsstandort Nummer eins. „Mittlerweile haben die USA China ein Stück weit den Rang abgelaufen“, betont Burkert.

Zu den größten Risiken für die wirtschaftliche Entwicklung zählen geopolitischen Krisen wie der Konflikt um die Ukraine und der IS-Terror.