Der Mädchen- und Jungenchor (4. bis 6. Schulklasse) probt dienstags im Gemeindehaus neben der Evangelischen Stadtkirche St. Mauritius an der Walterstraße 11. Ende Juni will Kantorin Christine Marx mit mehreren Chören eine CD aufnehmen. Foto: Georg Friedel

Die Kantorin der evangelischen Kirchengemeinde Feuerbach setzt bei der Chorarbeit auf den Nachwuchs. Geprobt wird derzeit auch für eine CD-Aufnahme.

Feuerbach - Im Foyer des evangelischen Gemeindehauses an der Walterstraße 11 steht der Fuhrpark der jungen Sänger. Mehr als ein halbes Dutzend Kinderroller parken nebeneinander aufgereiht bei der Eingangstür. Einen Stock höher haben sich im Gemeindesaal 13 Mädchen und 5 Knaben im Alter zwischen neun und zwölf Jahren im Halbkreis versammelt. Sie lauschen den Anweisungen von Christine Marx. Die Kantorin der evangelischen Kirchengemeinde Feuerbach sitzt an einem aufgeklappten Klavier, hat ein Notenblatt vor sich und gibt den Ton an. „Sei uns willkommen, lieber Tag, vor dir die Nacht nicht bleiben mag“ üben die Kinder die Strophe eines Kirchenliedes. „Wer möchte die Oberstimme singen?“, fragt Marx. Sofort gehen mehrere Finger nach oben. Sie wählt mehrere Mädchen aus. „Ich spiele den Choral an“, sagt die 45-Jährige. Ihre Hände huschen über die Tasten des Klaviers. Gleichzeitig singt sie mit, begleitet und dirigiert. Der ganze Körper ist im Einsatz.

Seit 2002 arbeitet Christine Marx als Kantorin in Feuerbach

Auch die Kinder sind mit Inbrunst dabei. Manche kneten nebenher ihre Hände, manche haben die Arme auf dem Rücken verschränkt, wieder andere strecken sich und recken die Hälse in die Höhe. Solange gesungen wird, herrscht volle Konzentration. Manchmal bricht Christine Marx ab, wenn ihr eine Passage nicht gefällt. Die fidele Sängerschar braucht hin und wieder eine klare Ansprache. Sie erklärt, dass beim Konzert in der Stadtkirche der Gesang bis in die letzte Sitzreihe zu hören sein sollte. Zwischendurch wird auch mal gelacht.

Seit Oktober 2002 ist Marx als Kantorin an der evangelischen Gesamtkirchengemeinde Feuerbach tätig. Regelmäßig treten ihre Schützlinge beim Hofkonzert im Juli oder im Advent und an Weihnachten auf. Drei Kinderchorgruppen hat sie ins Leben gerufen und die Jugendkantorei gegründet. Derzeit singen unter der Leitung der Kantorin annähernd 80 Kinder und Jugendliche im Alter von fünf bis 18 Jahren. Christine Marx ist überzeugt: „Wenn Kinder in jungen Jahren in einer prägenden musikalischen Arbeit groß werden, so ist das in den meisten Fällen eine Prägung fürs Leben.“ Sie ist in der Nähe von Berlin aufgewachsen. Kirchenmusik hat sie in Greifswald studiert, in Düsseldorf hat sie ein Aufbaustudium im Fach Chorleitung absolviert. Zudem stammt die gebürtige Brandenburgerin aus einem kirchlich geprägten Elternhaus.

Mit dem Vorurteil, Kirchenmusik sei gerade für Kinder eher eine trockene oder langweilige Angelegenheit, räumt Marx gründlich auf. Während in anderen Stadtteilen Stuttgarts mancher Kinderchor ums Überleben kämpft oder die kirchliche Kinderchorarbeit wegen der zunehmenden Ganztagsschule eingeschlafen ist, so blüht dieser Zweig in Feuerbach regelrecht auf. Woran das liegt, vermag Marx nicht zu sagen: „Sind es die Feuerbacher Familien, denen die musikalische Bildung und die Bindung an die örtliche evangelische Kirchengemeinde ihrer Kinder so wichtig sind, oder ist es die gute Atmosphäre in den Chorgruppen? Vielleicht beides“, sagt sie.

Ende Juni soll eine CD mit Adventsliedern aufgenommen werden

„Zur Begrüßung lernen wir meistens ein neues Lied“, berichtet eines der Mädchen nach der Probe. Phasen des konzentrierten Übens wechseln mit Auflockerungsübungen. „Manchmal machen wir auch Schnalzgeräusche oder schnauben so ähnlich wie ein Pferd“, berichtet ein Kind.

Seit diesem Schuljahr singt die zehnjährige Carlotta mit. Andere Mädchen wie die neunjährige Ellen sind schon länger dabei und haben bereits im Spatzenchor mitgesungen. Dass ihnen die Auftritte und Chorproben Spaß machen, müssen sie nicht extra betonen. „Mädchen lassen sich in der Regel zwar besser für das Singen ansprechen, aber an der Feuerbacher Stadtkirche gibt es im Moment eine starke Gruppe singender Jungen, die in die 4. bis 6. Klasse gehen“, sagt Marx. Der zwölfjährige Simon ist einer von ihnen. Er singt seit 2010 im Chor mit. Heute ist er zur Chorprobe im schwarz-roten Trainingsanzug der Sportvg Feuerbach gekommen. Übung macht den Meister: Das gilt beim Sport wie beim Singen.

Seit den Osterferien hat Marx die Gruppe in einen Mädchen- und Jungenchor geteilt. Die Mädchen proben dienstags von 17 bis 17.50 Uhr, die Jungen von 17.30 bis 18.20 Uhr. Die Überlappungszeit bietet den Kindern die Möglichkeit, im großen Chor zu singen: „Gern dürfen sich neue Kinder hinzugesellen“, sagt Marx. Das gelte auch für den Spatzenchor (Fünf- und Sechsjährige), den Kinderchor (Sechs- bis Achtjährige) und die Jugendkantorei (ab 13 Jahren). Momentan laufen die Vorbereitungen für eine Reihe neuer Projekte. Vom 17. bis 19. Juni ist eine Kinderchorfreizeit in der Marienburg in Niederalfingen bei Aalen geplant. Und Ende Juni will Marx mit ihrem Sängernachwuchs eine CD mit Advents- und Weihnachtsliedern einspielen. Am 23. Juli sind die Chöre im Rahmen des Hofkonzerts zu hören.